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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

auf das ganze höhere menschliche Bewußtsein fähig war, wie ein Blitz durch meine Seele flog. Es war früh am Morgen, aber ich konnte mich nicht enthalten, ich mußte hinaus und zu Oersted und ihm meine Freude und meine Ahnungen sagen. Dieser Morgen und die Gespräche, die er zwischen dem liebenswürdigen alten Mann und mir herbeiführte während des Winters, den ich in Kopenhagen zubrachte, und die genußreichen Stunden, welche sie mir schenkten, waren ganz besonders angenehm für mich, während ich Oersteds neues Buch las, und bei den herrlichen Aussichten, die es für mich eröffnet, selbst über den Horizont hinaus, welchen der edle Mann der Wissenschaft angegeben. Aber Oersted hat seine Sache auf eine große Weise ausgeführt, und während er feststellte, was man mit Bestimmtheit wissen kann und auf was man mit der größten Wahrscheinlichkeit in diesen Fragen schließen darf, hat er das Feld für weitere Forschungen und Gedankengänge offen gelassen, wobei die Gesetze und Analogieen, auf die er hindeutet, als Wegweiser dienen können. Wie freue ich mich, auf meinem Rückweg in Dänemark den verehrungswürdigen, noch jugendlichen, alten Gelehrten wieder zu sehen! Aber ich muß Dir jetzt von meinem Leben auf Cap May erzählen.

Ich verweilte in der Morgenstunde in Gesellschaft der Meerschweine und des Meeres. Um halb 11 Uhr beginnt die Fluth zu steigen und das Meer höher und höher an den Strand zu schlagen; dann lege ich mein Badkostüm an und gehe so ins Meer hinaus, ehe noch die größte Menge sich versammelt hat, und lasse mich von den Wogen überschwemmen, sehr oft an der Hand des Professors Hart, zuweilen auch mit einer artigen Quäckerin (einer Schwiegertochter der Lucretia Mott); manchmal bin ich auch ganz allein, denn ich bin jetzt sehr geschickt geworden in der Kunst, mit den Wogen zu ringen und in ihrer Mitte die Balance zu erhalten.

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/162&oldid=- (Version vom 4.8.2020)