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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Bis dahin war er für mich ein unvernünftiges Gehüpfe.

Wir sind nun zwei Tage hier gewesen und werden wohl noch zwei bis drei Tage bleiben. Am Morgen sehe ich den Fall vom amerikanischen Ufer (das heißt dem Ufer New-Yorks), wo die Sonne in ihrem Aufgang Hunderte von leuchtenden Brücken über die Wasserwolken wirft; Nachmittags und Abends betrachte ich ihn vom Canada-Ufer, wenn die Sonne über dem britischen Gebiet untergeht. Vormittags bade ich im Strom, in einem sogenannten „Mammuth“ Strombad, wo der Fluß so heftig in das Badhaus hereinrauscht, daß man Mühe hat, sich fest dagegen zu halten. Dieß ist belebend und kräftigend. Nachmittags, gleich nach dem Essen, sitze ich mit meinen jungen Freunden auf der Piazza vor unsern Zimmern, und da sehen wir den Strom vorüberrauschen und lauschen seiner Musik. Oft stehe ich eine gute Weile auf einer der kleinen Brücken über den Strom und athme nur noch im Wohlgeruch des Wassers. Denn das Wasser hier hat den lieblichsten frischen Duft, den ich mit keinem andern vergleichen kann. Aber es fühlt sich wie der Geist einer wonnevollen, unsterblichen Jugend. Ja, hier meine ich, daß man aufs Neue an Körper und Seele jung werden könnte.

Aber meine jungen Freunde genießen das Leben hier nicht so voll wie ich. James L. ist nicht recht gesund, und Maria, die bald wieder Mutter zu werden erwartet, träumt in den Nächten, sie sehe die kleine Mabel mit ihren hingegangenen Schwestern Blanche und Rosa spielen, und eine telegraphische Nachricht über ihr Befinden, die man gestern erwartete, ist ausgeblieben, weßhalb die Unruhe um ihr einziges Kind die Gefühle der zärtlichen Eltern vom großen Niagara abzieht.

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/241&oldid=- (Version vom 12.12.2020)