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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

zu suchen, das Allerschwerste in der Welt, was in einer solchen Hotelwelt zu finden ist, wo man in Gesellschaft von 3-400 Personen lebt; gleichwohl gelang es mir, dieses Glück hie und da zu genießen, theils auf meinem Zimmer, theils Nachmittags, wenn ich auf der Gallerie nah dem Hof des Hauses umherspazierte, wo ich dem Geplätscher der Wasserstrahlen in dem mitten im Hof stehenden Bassin lauschte, und meine Seele ausruhte in einigen Gedanken oder Gefühlen, die in meinen einsamen Stunden stets wiederkehren, stets sich gleich bleiben, stets genügen, um Seele und Gemüth auszufüllen, so daß sie gleich dem Wasser der Quelle klare Strahlen emporsenden, die den Himmel begrüßen, die Erde befruchten.

Heute schreibe ich Dir von einer stillen Heimath aus, wo Ailantus und Sykomore vor meinem Fenster sausen, und wo die Frau vom Hause und ich um einander her springen, um uns drei bis vier Mal des Tags in ein kaltes Bad zu tauchen. Aber still jetzt von mir selbst, denn große, reichswichtige Ereignisse haben sich seit meinem letzten Schreiben zugetragen, sie stehen im Begriff, alle Bürger und alle Staaten der Union in starke Vibration zu versetzen, in vielen Dingen eine Umwälzung hervorzubringen, und von diesen Ereignissen muß ich Dir jetzt erzählen.

Vor einigen Tagen (am 5. und 6. Juli) hörte man hier und in Washington sagen, der Präsident (General Taylor) sei unwohl. Am 4. befand er sich noch vollkommen gut (es war der 3., als ich ihn das letzte Mal sah), aber er hatte von einer Austernpastete, glaube ich, zu viel gegessen und einen Cholerinaanfall bekommen; am 6. sagte man, er sei besser und werde bald wieder hergestellt sein. Gestern am 9. saß ich im Senatssaale und hörte geduldig oder vielmehr ungeduldig eine lange und breite Sklavenrede des südcarolinischen Senators Richter Butler (er ist sonst ein

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/78&oldid=- (Version vom 4.8.2020)