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Horn (in Lippe) aber befreien ihn nächtlicherweile unter großer Gefahr; der getreue Schweppermann wird von seinem Herrn für große Dienste besonders geehrt u. a.

Eine große Rolle spielt auch eheliche Treue und Untreue in den Sagen; die erste wird in glühenden Farben geschildert:

Ritter Uffo von der Uffenburg (b. Rinteln a. d. Weser) geht als Kreuzritter in den Kampf, er bleibt viele Jahre verschollen, findet bei der Rückkehr jedoch seine Gemahlin trotz vieler Versuchungen als treugebliebenes Ehegemahl wieder.

Bekannt ist die oft besungene eheliche Treue der frommen Genoveva, die trotz der verführerischen Künste und der unmenschlichen Behandlung durch den Haushofmeister Golo lieber 6 Jahre in der schrecklichen Tiefe des Waldes in kümmerlichen Verhältnissen lebt, als ihres Treugelübdes zu vergessen.

Heinrich der Löwe[1] findet bei der Rückkehr von langer Irrfahrt seine Gemahlin gerade im Begriff, einen ihr aufgezwungenen Edlen zu ehelichen, als er sie als Pilger und Bettler um einen Trunk Weines bitten und in den Becher dann seinen goldenen Ring fallen läßt als Geschenk für die gütige Spenderin. Ihn freudig erkennend, dankt sie Gott, der sie in letzter Stunde aus den Händen der Bedränger befreit und ihr ihren rechten Gemahl wieder zugesellet hat.

Weniger bekannt ist die Sage vom Grafen Alexander von Metz[2] der auf einer Pilgerfahrt nach dem heiligen Lande vom türkischen Sultan gefangen und vor den Pflug gespannt wird. Die Frau hat vor der Heirat dem Ritter ein Hemd gegeben, das fleckig wird, sobald sie ihre Ehre nicht rein hält. Jetzt will der Sultan des Ritters Frau sehen, er läßt zweimal Boten schicken, die Frau getraut sich nicht, entfernt sich aber doch vom Hofe, wo sie Verlockungen von seiten des Hofmeisters ausgesetzt ist und fährt, als Pilger verkleidet, mit dem Schiffe des zweiten Boten hin. Sie entzückt durch ihre Lieder den Gesandten und auch den Heidenkönig, von dem sie als Dank für ihren schönen Gesang den Gemahl erbittet und erhält, der sie jedoch nicht erkennt. Zurückkehrend eilt sie voraus und empfängt ihren Ritter herzlich;


  1. Brüder Grimm, Deutsche Sagen II. Nr. 526. Ähnlich Nr. 529: des alten Möhringer Wallfahrt.
  2. Brüder Grimm, Sagen II. Nr. 537.
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Karl Wehrhan: Die Sage. Wilhelm Heims, Leipzig 1908, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sage-Karl_Wehrhan-1908.djvu/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)