Seite:Die Sage-Karl Wehrhan-1908.djvu/67

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in einen Berg kriechen und später auf demselben Wege zurückkommen. Als der König erwachte, erzählte er, er sei im Traum in einen mit Gold gefüllten Berg gegangen. In der Schweiz spuken ehemalige Raubritter in Gestalt von Kröten und bringen unterirdisches Gepolter hervor, schwellen auch wohl bis zur Größe einer Wanne an und haben Augen wie Zinnteller.

Der Tod bringt besonders für solche Menschen keine Ruhe, die keines natürlichen Todes gestorben sind, auch Unglück oder Schiffbruch erlitten, ein böses Leben geführt oder sonst nach dem Glauben der Leute das Lebensziel nicht erreicht, also ihren Zweck nicht erfüllt haben. Sie bleiben an die Erde gefesselt, sie müssen umgehen, waizen, geistern, sich üben; sie spuken in Menschen oder Tiergestalt, als rachsüchtige oder nach dem Leben sehnsüchtige Geister, wie z. B. Ermordete, Mörder und Selbstmörder, Ungetaufte, in Liebesglück Umgekommene, Lediggebliebene, im Kindbett Verstorbene, habsüchtige, betrügerische Müller, Wirte und Verkäufer, Geizhälse und Grenzsteinverrücker. Sie werden dann Spuk, Wiedergänger, Umgänger oder Neuntöter u. a. genannt. In verschiedenen, z. B. in westfälischen Sagen wird uns dann noch mitgeteilt, daß ein derartig Schuldiger seinem eigenen Leichenzuge aus dem Giebelfenster seines eigenen Hauses stier nachblickt.

Wie gerade in diesen Sagen der strenge Gerechtigkeitssinn hervortritt, der Habsucht und Übermut, Betrug und Diebstahl schrecklich straft, ist an anderer Stelle betont. Die Strafen selbst sind verschieden: die Alm vergletschert, das üppige Kloster versinkt in den Erdboden, die Marsch überflutet, die übermütige Stadt verschwindet im Meeresboden, die sündigen Liebenden verwandeln sich in starre Felsen, die schöne Gegend wird eine tote Wüste.


Literatur: Geister- u. Spuksagen. Der vielförmige Heinzelmann oder Erzählung von einem Geist, so sich auf dem Hause Hundemichlen und hernach zu Estrup hat sehen lassen mit unterschiedlichen Historien von Erscheinungen und Gespenstern vermehrt. 1704. – Fantasiegemälde oder Sagen aus der Geister- u. Zauberwelt. Prag 1805. – Rauschnick, Gespenstersagen. 2 Bde. Naumburg 1818/19. – F. W. Gieseler, Märchen des Aberglaubens alter und neuester Zeit nebst einem psychologischen Anhang über Ahnungen und Geistererscheinungen. Tauberbischofsheim 1867. – J. A. E. Köhler, Die Dämonensagen des Erzgebirges

Empfohlene Zitierweise:
Karl Wehrhan: Die Sage. Wilhelm Heims, Leipzig 1908, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sage-Karl_Wehrhan-1908.djvu/67&oldid=- (Version vom 31.7.2018)