manchmal rast er selbst durch Häuser hindurch. Nach anderen Sagenberichten braust das wilde Heer zu bestimmter Stunde aus einem Berge, in dem die Verstorbenen wohnen sollen. Der wilde Jäger kommt zur letzten Schlacht hervor, oder er jagt einen Eber, eine Kuh, einen Hirsch, ein Weib, die saligen Fräulein, die langhaarigen und langbrüstigen Holzjungfern. Während er in den meisten Sagen der Anführer ist, geht ihm in anderen eine sanfte Musik voraus; auch fliegt ihm wohl eine Eule, eine gewesene Nonne vorauf. Unzertrennlich ist eine kläffende und heulende Meute. Sein Gefolge besteht aus den eines gewaltsamen Todes gestorbenen und aus ungetauft gestorbenen Kindern, aus Hexen, bösen Geistern aller Art, doch auch wohl aus seligen Leuten, oder aus Schweinen, und darunter ist immer eine einäugige Sau. Oft wirft er von oben eine stinkende Weiber- oder Tierkeule herab. Man kann sich vor ihm retten, wenn man sich auf den Mittelweg niederwirft; andernfalls riskiert man seinen Kopf oder doch eine starke Anschwellung oder dergleichen.
Den Ursprung des wilden Jägers geben verschiedene Sagen verschieden an. Nach der norddeutschen Sage soll Hackelberg im 16. Jahrhundert braunschweigischer Oberjägermeister und ein leidenschaftlicher Jäger gewesen sein, der auf dem Totenbette wünschte, für seinen Teil Himmel bis zum jüngsten Tage auf dem Solling jagen zu dürfen. Nach anderer Sage bringt ihm ein toter Eber eine Todeswunde bei. In Luzern ist es ein Burgfräulein mit ihrem Geliebten, die in der wilden Jagd fahren, weil sie einmal an einem Fastenfreitag ihr Jagdgelüste nicht beherrschen konnten. Die Berge, aus denen das wilde Heer hervorbricht, sind in der Sage bekannte Berge, Kyffhäuser, Untersberg, Schnellert im Odenwald und andere.
Statt des wilden Jägers erscheint in der Sage oft die wilde Jägerin oder auch die Geisterkutsche.
Die Sage vom lockenden Spielmann ist der vom wilden Jäger verwandt, aber nicht so bekannt. Wie dieser, so geht auch jener einem Tierzuge voran, aber ohne den scheußlichen Lärm und die wilde Hetze, sondern mit ruhiger und sanfter Musik und in aller Gemächlichkeit. Im Jahre 1240 führte ein Kapuziner durch das Blasen eines Horns alle Kühe, Schweine, Hammel, Pferde, Ziegen, Gänse, Enten usw., die ihm sämtlich folgten, aus dem Lande heraus; in
Karl Wehrhan: Die Sage. Wilhelm Heims, Leipzig 1908, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sage-Karl_Wehrhan-1908.djvu/91&oldid=- (Version vom 31.7.2018)