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Charakter der damit gezierten Münzen. Es ist Seite 17 dargelegt worden, wie Rom während des Samniterkrieges bis zum Jahre 314 die Oberhand gewonnen, wie es seine Herrschaft über Campanien aufs Neue und in dauernder Weise begründet hatte. Erst diesem Zeitpunkte entspricht die Darstellung einer in Campanien siegreichen, den Frieden des Landes sichernden Roma. Zugleich liegt es im Wesen der Sache, dass nur Rom und keine andere Autorität dieses Bild auf die Münzen setzen konnte. Daher sind auch aus diesem Grunde die den Romakopf tragenden Stücke staatsrechtlich als römische aufzufassen. In der aufschriftlosen latinischen Radserie vertritt der Romakopf geradezu den Namen ROMA. Wer diese Münzen empfing wusste wess Bild er in Händen hielt.

Ferner gibt aber der der Rückseite aller Nominale gemeinsame Typus des Rades einen weiteren und zwar völlig sicheren Anhaltspunkt für die Datirung. Als Libralserie war zuvor nur die römische Reihe mit der prora vorhanden. Für die neu hinzutretende Libralserie handelte es sich um die Schaffung eines Paralleltypus. War die prora ein die Seeherrschaft Roms symbolisirendes Siegeszeichen, so lag nach den grossen Landerwerbungen Roms nichts näher als die Wahl eines seine Landherrschaft verkündenden Zeichens. Wie die prora den Seeverkehr, so versinnbildlicht das Rad den Landverkehr. Hierzu kommt aber noch eine besondere historische Beziehung. Im Jahre 312 war durch Appius Claudius Caecus die nach ihm benannte via Appia von Rom bis Capua vollendet worden, die erste und wichtigste Militär- und Verkehrsstrasse Roms, ein Ereignis, das der heutigen Eröffnung eines ersten Schienenwegs an Bedeutung gleichsteht. Zum ersten Male liess sich die Strecke zwischen beiden Reichscentren nicht nur zu Fuss oder zu Pferde, sondern auch zu Wagen zurücklegen. Speziell hierauf deutet das Rad. Es ist wiederum ein wichtiges historisches Monument; es ist das Rad der via Appia[1]; hiermit aber bestimmt sich der Beginn dieser Emission auf das Jahr 312, keinenfalls früher, schwerlich später.

Hierzu kommt der Barren: Adler )( Pegasus, ROMANOM. Er ist der einzige Barren mit Aufschrift; ihre Form schliesst ihn an die einzige in dieser Periode noch mit ROMANO signirte Didrachme an. Seine Zugehörigkeit zu der Emission wird bestätigt durch den inneren Gedankenzusammenhang der Suite. Auf der Vorderseite das Münzbild Roms, der Adler des capitolinischen Jupiter mit dem Blitz, dem Zeichen der Unwiderstehlichkeit des Gottes, auf der Rückseite das Wappentier Campaniens, denn als solches ist der Pegasus aufzufassen, ebenso wie der Stier das Symbol Samniums bildet. Bezeichnender Weise aber steht ROMANOM auf der campanischen Seite des Barren, anzudeuten die


  1. Pick, dem ich hiervon Mitteilung machte, wies darauf hin, dass auch auf Münzen Trajans die Eröffnung der via Trajana durch eine ein Rad in der Rechten haltende Frauengestalt gefeiert wird.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Justus Haeberlin: Zum Corpus numorum aeris gravis. Verlag der „Berliner Münzblätter“, Berlin 1905, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Systematik_des_%C3%A4ltesten_R%C3%B6mischen_M%C3%BCnzwesen.djvu/34&oldid=- (Version vom 31.7.2018)