Seite:Die Trunksucht.pdf/40

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Schweiß gebadet und in einer gewissen Betäubung verlassen und so der Erkältung nur zu leicht ausgesetzt sind.

Man kann es kaum glauben, wieviele von ihnen an Lungenschwindsucht sterben, und, was bemerkenswerth ist, diese furchtbare Krankheit verschont selbst die kräftigsten Menschen nicht. Ich selbst habe einen der stärksten Männer in Vierzon, einen wahren Coloß, Namens L., Bauunternehmer, in Folge seiner fraglichen Excesse, einige funfzig Jahre alt, an der Auszehrung sterben sehen.

Wenn nun aber selbst das kräftigste Alter und die stärksten Körperconstitutionen hier nicht verschont bleiben, um wie viel mehr noch sehen wir solche Unglückliche von schwächlichem und zartem Körperbau den betreffenden Ausschweifungen vor der Zeit unterliegen.

Das Nervensystem. – Unter dem Nervensystem versteht man die Functionen des Gehirns, jenes Organs, welches allen Verrichtungen des Lebens vorsteht, gleichsam dessen Heerd oder Mittelpunct ist, von welchem Alles ausgeht und zu welchem Alles zurückstrahlt, die Bewegungsfähigkeit, das Empfindungsvermögen und die Denkkraft. Nun, auch dieses Organ ist bei dem Trunkenbolde nicht geschützter vor den Wirkungen der spirituösen Getränke, wie alle anderen. Im Gegentheil, man sieht es fast jederzeit zuerst mit ergriffen, und wie könnte das auch anders sein, da in ihm ja der Born aller Lebenskräfte quillt!

Bemerkt zu werden verdient, daß der Wein und die alkoholischen Getränke, deren erste Wirkung, wenn mäßig genossen, dahin geht, das Denkvermögen, die Urtheilskraft anzuregen, daß, sage ich, deren Mißbrauch im Gegentheil zerstörend auf den Verstand, die Denkkraft zu wirken scheint und den Menschen zur Thierheit herabwürdigt. Dahingegen bleiben die Sinne, diese verschiedenen Fähigkeiten, welche den Menschen und den Thieren gleicherweise verliehen sind, um sich dadurch mit der äußeren Welt in Beziehung setzen zu können, ja, die Sinne bleiben von dem Einflusse der alkoholischen

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Édouard Burdel; Übersetzer: Johann Heinrich Gauß: Die Trunksucht. Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1855, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Trunksucht.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)