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Rundbild ohne allen Zweifel angehört, selbst in Italien sehr selten anzutreffen, noch mehr aber seine Freskogemälde. Die in der Sixtinischen Kapelle zu Rom befindlichen ausgenommen[1], sind mir solche völlig unbekannt geblieben. Mögen alle Kunstforscher dieses Rundbild sich genauer ansehen und dasselbe sodann mit den Bildern des Pier di Cosimo der Berliner Galerie, der Stanza del Conservatore im florentinischen Findelhause und der Galerie degli Uffizi daselbst vergleichen, und ich zweifle nicht, daß sie insgesammt die Ansicht des verstorbenen Woodburn und der lebenden Herren Hübner und Gruner, Cr. und Cav.[2] verlassen und der meinigen beitreten werden, welche übrigens auch die des gründlichen italienischen Kunstforschers, Herrn Dr. Gustavo Frizzoni aus Bergamo, ist. Zur Entschuldigung der Andersdenkenden muß übrigens bemerkt werden, daß der häßliche gelbgewordene Firniß, der dieses Gemälde bedeckt, den Anblick der schönen, dem Pier di Cosimo ganz eigenthümlichen Farbe unmöglich gemacht hat.

Von einem andern großen Toskaner des 15. Jahrhunderts, dem Florentiner Alessandro Botticelli, weist der Hübner’sche Katalog nicht weniger als sechs Werke auf, und zwar zunächst: No. 25, den Evangelisten Johannes, und No. 26, Johannes den Täufer darstellend. Diese zwei geistlosen Köpfe sind wohl Arbeiten eines Schülers oder Nachahmers des Botticelli[3], können aber doch unmöglich dem nämlichen großen Meister angehören, der „das Wunder des h. Zenobius“


  1. In dem vierten der Freskogemälde, links vom Altar, von Cosimo Rosselli, die „Bergpredigt“ darstellend, erscheint mir die eine Seite ganz und gar von Pier di Cosimo ausgeführt; die dort sitzenden Weiber sind sehr charakteristisch für diesen Meister. Die Herren Cr. und Cav. geben, v. Rumohr folgend, in diesem Wandgemälde nur die Landschaft dem Pier di Cosimo, alles übrige aber dem Cosimo Rosselli (II, 522).
  2. III, 6.
  3. Auch die Herren Cr. und Cav. (II, 427) bezeichnen diese zwei Bilder als bloße Atelierwerke.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/252&oldid=- (Version vom 31.7.2018)