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jedoch leicht von den echten zu unterscheiden, noch viel leichter sind es freilich die Bilder selbst[1].

Während nun einerseits gar manches Bild von Schülern und Nachahmern dem Meister selbst zugewiesen wird, so werden andererseits noch heutzutage, und dies selbst von berühmten Kunsthistorikern, viele seiner Jugendwerke bald dem Mantegna oder dem Ercole Roberti, und dies noch im besten Falle, bald aber auch geringern Meistern, wie Francesco Maria Pennacchi, Zaganelli, Rondinelli u. s. f zugemuthet.

Um den Unterschied der Werke des Giambellino von denen des Mantegna, mit dem er in einer gewissen Epoche seines Wirkens (1460 bis 1480) am meisten verwechselt wird, meinen jungen Freunden zu erleichtern, will ich hier für Anfänger in der Kunstwissenschaft einige materielle, jedem erkennbare Zeichen anführen, wie dieselben während meiner Studien mir eben in die Augen gefallen sind. Wie gesagt, diese Fingerzeige sind nur Anfängern gewidmet und zwar solchen in meinem sarmatischen Heimathslande; wäre es doch lächerlich von mir, dergleichen ABC-Uebungen dem großen gebildeten Kunstpublikum des civilisirten Europa zu bieten. Hand und Ohrform also sind bei beiden Meistern sehr verschieden. Während bei Giambellino das Ohr rund und fleischig, ist es bei Mantegna länglich und sehr knorpelig geformt; die Hand und die Finger dagegen sind bei Mantegna fleischiger und kürzer, bei Giambellino knochiger, mehr zugespitzt und mit stark accentuirten Gelenken. Der landschaftliche Hintergrund auf den Bildern


  1. Ich hatte schon anderweitig die Gelegenheit, meine Leser auf die Thatsache aufmerksam zu machen, daß erstens die Cartellini des Giambellino in Cursivschrift insgesammt falsch sind, und zweitens, daß auf den echten von ihm selbst auf seine Bilder gezeichneten Aufschriften das eine der zwei L stets höher als das andere gebildet ist. Bei den aufgefrischten echten Cartellini ist übrigens nicht selten durch den Restaurator das höhere L verkürzt worden, so daß beide L schulgerecht dieselbe Höhe haben.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 402. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/421&oldid=- (Version vom 31.7.2018)