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sind eben so originell als anmuthig, sie entzücken das Auge[1].

Im Gegensatze zu seinem Nebenbuhler, dem Romanino, ist Moretto nur höchst selten nachläßig in seinen Werken, und die für Dorfkirchen bestimmten Bilder wurden von ihm mit derselben Liebe und Sorgfalt behandelt wie diejenigen für die Stadt Moretto hat, man darf wohl sagen, fast ausschließlich für seine Vaterstadt und für die Provinz Brescia gewirkt, auch ist daselbst fast das ganze Werk seines Lebens noch heutzutage zu finden[2]. Deßhalb war er auch außerhalb der Grenzen des Brescianischen Gebietes wenig bekannt. Der Anonymus des Morelli erwähnt ihn mit keiner Silbe, ein deutliches Zeichen, daß Moretto in jener Zeit keinerlei Art Rufes in Venedig genoß. Sein Ruhm datirt, wie auch der seines Schülers G. B. Moroni, erst seit etwa einem halben Jahrhundert. Doch selbst in unserer Zeit ist dieser große Meister weder in Italien noch im Auslande nach seinem vollen Verdienste gewürdigt. Die Galerien von Toscana besitzen kein einziges Werk von ihm[3], Rom nur eins und dazu von seinen schwächsten, ich meine jene ganz übermalte thronende Maria zwischen


  1. Pater Lanzi beschreibt folgendermaßen die Farbenharmonie des Moretto: „il più che lo caratterizzi è un graziosissimo giuoco di bianco e di scuro in masse non grandi, ma ben temperate fra loro e ben contrapposte – – ama per lo più fondi assai chiari, dai quali le figure risaltano mirabilmente – – poco adopera nei panni l’azzurro, più gradisce di unire insieme in un quadro varie specie di rossi o di gialli[a 1], e cosi di altri colori – – “. (Stor. Pitt. III, 141).
  2. Außer zwei Bildern für S. Andrea und S. Francesco von Bergamo, einem für S. Celso in Mailand, mehreren für Kirchen von Verona, einem für Monfelice, einem für Trient und einem für Lonigo scheint Moretto ausschließlich nur für sein engeres Vaterland gearbeitet zu haben.
  3. Die Herren Cr. und Cav. schreiben zwar das männliche Porträt (No. 493) im Palazzo Pitti dem Moretto zu. Schon die Form der Hand in diesem Bilde, von der Technik und der Auffassung ganz abgesehen, hätte die Herren, scheint mir, eines Bessern belehren sollen.

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Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 443. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/462&oldid=- (Version vom 31.7.2018)