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zwei davon in Bergamo[1], und etwa ein anderes halbes Dutzend in England. In deutlichen und österreichischen Gemäldesammlungen sind mir, mit Ausnahme der h. Barbara in Berlin nur noch zwei Bilder des Boltraffio bekannt. Das eine davon ist das reizende Madonnenbild in der städtischen Galerie von Pest (No. 175); das andere sah ich im Jahre 1869 bei der öffentlichen Gemäldeausstellung in München, unter dem falschen Namen des Francesco Melzi. Es stellte die Madonna, von vorn gesehen, dar, wie sie dem vor ihr auf einer Brüstung stehenden und sich vorneigenden unbekleideten Christuskinde einige Blümchen darreicht. Grund dunkel. Das Bild ist in Privatbesitz und mißt ungefähr 1,5 Fuß in der Höhe und 4,5 Fuß in der Breite; leider war es durch Restaurationen beschädigt.

Die Grabschrift des Boltraffio lautet:

IO. ANTONIO BELTRAFIO ET
CONSILII ET MORVM GRAVITATE
SVIS CIVIBVS GRATISS. PROPINQVORES
AMICI DESIDERIO AEGRE TEMPERANTIS
p. VIXIT ANN. 49.
PICTVRAE AD QVEM PVERVM SORS
DETVLERAT STVDIA INTER SERIA NON
ABSTINVIT NEC SI QVID EFFINXIT
ANIMASSE OPVS MINVSQVAM SIMVLASSE
VISVS EST.

Aus dieser Grabschrift erhellt, daß Boltraffio sich erst spät mit vollem Ernste der Kunst widmete. In der That finden wir ihn 1490, also bereits in seinem dreiundzwanzigsten Jahre, noch immer als Kostgänger des Lionardo.


  1. In der städtischen Galerie und bei Herrn Federico Antonio Frizzoni.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 469. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/488&oldid=- (Version vom 31.7.2018)