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Lomazzo, neben der Malerei auch die Dichtkunst gepflegt haben[1].

Lomazzo, der als Knabe den alten Gaudenzio Ferrari noch hätte persönlich kennen können, jedenfalls als Schüler eines Schülers desselben in der Lage war, gut über die künstlerische Erziehung Gaudenzio’s unterrichtet zu sein, stellt uns ihn dar als einen Schüler zuerst des Scotto in Mailand, sodann des Bernardino Luini. Was den ersteren betrifft, so können wir die Aussage des Lomazzo weder bejahen noch verneinen, da kein anderer Schriftsteller des Scotto Erwähnung thut und auch kein authentisches Werk desselben uns bekannt ist; dagegen erscheint uns sehr wahrscheinlich, daß Luini in einer gewissen Periode großen Einfluß auf seinen um etwa um zehn Jahre jüngern Kunstgenossen Gaudenzio ausgeübt haben dürfte. Zeugniß davon giebt uns nicht nur die weibliche sitzende Figur mit den zwei Putten, welche unter den Handzeichnungen in der venezianischen Akademie als Luini bezeichnet ist (bei Perini No. 198), jedoch dem Gaudenzio angehört, sondern ebensosehr die für die Kirche S. Maria della Pace in Mailand gemalten Fresken, gegenwärtig in der Breragalerie aufgestellt unter dem Namen des Luini


  1. Die Handzeichnungen des Luini sind selten. Er bediente sich, wie Gaudenzio Ferrari, sowohl der Schwarzkreide und des Bleiweißes, als auch der Feder und der Tusche. Ich will einige seiner Handzeichnungen hier anführen: die Ambrosiana in Mailand besitzt mehrere getuschte Kinderstudien, und den „kleinen Tobias vor dem Vater“, mit der schwarzen Kreide gezeichnet und mit Weiß gehöht; die Akademie von Venedig die „Vertreibung aus dem Paradies“, Schwarzkreide (bei Perini No. 199); die Sammlung des Louvre zwei sehr schöne Köpfe von Kindern auf gelblich grundirtem Papier (No. 237 und 238 des Katalogs), es sind dies charakteristische Zeichnungen des Bernardino Luini, wenngleich Herr Reiset an der Echtheit derselben einige Zweifel zu haben scheint; auch die Albertina in Wien darf sich rühmen, in jenem „Christus unter den Schriftgelehrten“ (No. 75) eine gute Zeichnung dieses Meisters zu besitzen. Es ist dies eine Studie zu Luini’s berühmtem Bilde in der Nationalgalerie von London.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 480. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/499&oldid=- (Version vom 31.7.2018)