Seite:Die kaiserlichen Privilegien der Universität Marburg - Eine academische Rede.pdf/6

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.

wußte als der Stifter Philipp, indem er unablässig deren Erwerbung betrieb, und dessen Bedeutung Niemand so sehr anerkannte, als Kaiser Karl, weil er mit der Gewährung so lange gezögert hatte. Es war das Eingeständniß, daß Bildung und Wissenschaft, diese höchsten Güter der Menschheit, nicht gebunden seyen an die äußere Einheit der catholischen Kirche, daß die Wissenschaft, wie sie selbstständig geworden war im Gebiete des evangelischen Glaubens, so auch zu Recht dastehen solle im Umfange des heiligen römischen Reichs deutscher Nation; es war die Mündigkeitserklärung des Protestantismus, die zwar ihm selbst keinen weitern Gehalt hinzufügte, den er nicht in sich selbst gehabt hätte, die aber wie alle Rechtsformen durch äußere Bestätigung dessen, was sich mit innerer Nothwendigkeit herausgestellt hat, dem Ganzen auch ein geordnetes Bestehen zusichert. Dieß war die factische Bedeutung jenes Schrittes des Kaisers auf dem Reichstage zu Regensburg. Allein sehen wir genauer nach, so hat jedes bedeutsame Ereigniß nicht bloß einen Sinn für seine Gegenwart, sondern auch eine Ahnung für die Zukunft, trägt einen prophetischen Character in sich. Auch bei den Schritten Philipps, um seiner Stiftung die volle Anerkennung durch Kaiser und Reich zu verschaffen, handelte es sich um mehr, als daß etwa künftig die Marburger Doctoren und Licentiaten als rite promovirt im Reich anerkannt werden sollten; es war die Ahnung eines Friedens in Deutschland überhaupt, wodurch beide Bekenntnisse als gleichmäßig im Reiche zu Rechte bestehend betrachtet würden. Es war der erste Sonnenstrahl des Friedens nach mehr als zwanzigjährigen Stürmen, war das Vorgefühl einer Lösung des großen Haders, wie sie die Zukunft bringen mußte. Zwar bis zum völligen Eintritt dieses Friedens waren noch mehrjährige Kämpfe zurück, ja zur eigentlich blutigen Entscheidung sollte es noch erst kommen; Philipp selbst hatte noch erst den Krieg nicht allein gegen die Macht des Kaisers und der catholischen Stände, sondern auch gegen Zaghaftigkeit und Verrath unter seinen eigenen Verbündeten zu bestehen; noch