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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/165

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zwischen der Hofschmiede und dem Elbthor nahe bei der Brücke und dem Stallgebäude befand. Ueber die Kunstkammer habe ich an anderer Stelle eingehend berichtet[1], über die Sammlung Nossenis aber ist, soweit ich sehe, noch keine beschreibende Darstellung vorhanden. Ihr sollen darum die folgenden Zeilen gewidmet sein.

Die älteste Nachricht, die sich über sie erhalten hat, stammt von dem als Kunstfreund und Sammler bekannten Augsburger Patrizier Philipp Hainhofer. Als dieser 1617 auf der Durchreise nach Pommern in Dresden Aufenthalt nahm, lernte er Nosseni kennen und wurde von ihm eingeladen, seine Kunstsachen zu besichtigen. Ueber diesen Besuch berichtet er in seinem Reisetagebuche folgendermaßen[2]:

„[Am 15. Oktober] hat mich Nassoni in seine undere stantiam gefuert, und darinnen gezaigt ain Bergkwerkh mit den 7 Planeten. Stain auß Manßfeldischen Bergkwerkh mit Fischen. Statuam Nebuchedonosars in Danielem gar groß mit seiner Außlegung, darüber er ain Buch und ain groß Kupferstuckh außgehen lassen, und etwas ist, daß ain geborner Italianer deutsche Bucher beschrieben. Allerhand Stain, die man in Sachsen bricht. Oben auf hat er mich sehen lassen die Geburt Christi auf Papier gerissen, da er dann das Papier so durchscheinent macht, daß, was man dem Papier für ainen gefärbten Grund underleget, solcher durch scheinet. Ainen runden perspectivischen Spiegel. Ain quadretto vom Parmesan, wie St. Catherina, Jonas, Augustinus, und Johannes Christum verehren. In ainem Säälin hat er ain Landschäftlin von Paul Brill mit dem Christkündlin und 2 Engelen, die Hans Rothenhammer darzue gemahlt hat. Ain Fauno mit Venere und Spigel vom Adrian de Vrieß. Ainen Mercurium, so aine Antic. Ain Crucifix di brunzo von Gio. Btt. Pauperto. 1 großen Mercurium di Stucco von Gio. Bologna, Martyrium D. Laurentij, ist aine copia von deß Titians [Original]. Danae von Parmesano Lebensgröse. Unterschiedlicher Imperatorum Romanorum nachgemachte Brustbülder di stucco. Underschidliche grose und klaine quadri, aber nit von fürnemen Maistern.“

Nosseni war zur Zeit dieses Besuches bereits ein alter Mann von 73 Jahren. Da ihm seine Sammlung, an die er viel Geld, Zeit und Mühe gewendet hatte, sehr ans Herz gewachsen war, wünschte er nicht, daß sie nach seinem Tode zerstreut oder verschleudert würde. Er bot sie deshalb sammt seinen übrigen Besitzthümern am 20. Oktober 1619 dem Kurfürsten Johann Georg I. zum Kaufe an. Seine in der eigenhändigen Urschrift erhaltene, in einem barbarischen Deutsch abgefaßte und vielfach von italienischen Brocken durchsetzte Eingabe befindet sich nebst den übrigen weiter unten noch zu erwähnenden Akten im Archiv der Generaldirektion der Königl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft zu Dresden[3]. Für sein in gutem baulichen Zustande befindliches Haus nebst Hof verlangte er 7500 Reichsthaler, für eine ihm gleichfalls gehörige vor dem Wilischen Thor gelegene Wassermühle mit Einrichtungen zum Marmorschneiden und Steinschleifen 2500, für eine künstliche Bergstufe aus allerhand in Sachsen gefundenen Erzen 3000, für eine später noch näher zu beschreibende sechs Ellen hohe Figur, das Bild Daniels oder Nebukadnezars genannt, 1200, für die von ihm gesammelten Werke der Bildhauerkunst, zum Theil von berühmten Meistern herrührend, 1038, für 28 Gemälde, meist Kopien, 1384, insgesammt also 16622 Thaler. Die Möbel und sonstigen Hausgeräthe sollten seiner Frau verbleiben.

Der Kurfürst ging nicht ohne Weiteres auf den vorgeschlagenen Kauf ein. Erst als Nosseni 1620 gestorben war und die Wittwe sich nochmals mit einem gleichen Gesuche an ihn wendete, beauftragte er durch einen schriftlichen Befehl vom 15. Februar 1621 vier vertrauenswürdige und im Abschätzen von Kunstwerken erfahrene Dresdner Künstler, den Mathematiker und Kunstkammer-Inspektor Lucas Brunn, den Statuarius Sebastian Walther, den Hofmaler Kilian Fabricius und den Goldschmied Daniel Kellerthaler, den Nachlaß zu besichtigen.

„Wir begehren hiermit gnädigst“, schreibt er, „Ihr wollet Euch insgesammt sobald nach Verlesung dieses bei erwähntes Nosseni Wittwe anmelden, gedachte Kunstsachen in Augenschein nehmen, solche Eurer jedes Profession und der Billigkeit nach taxiren, zu Papiere bringen und Uns neben Eurem unterthänigsten ausführlichen schriftlichen Berichte und Gutachten durch Unserer Kammerdiener einen zu Unseren Selbsten Händen versiegelt übergeben lassen, es auch sonsten im geheim halten. Daran beschieht Unsere zuverlässige Meinung.“

Die Beauftragten begannen sogleich ihr Werk, und bereits am 14. März desselben Jahres konnten sie berichten, daß sie die Kunstsachen genau durchgesehen und ein Verzeichniß derselben angefertigt hätten. „Wir können nicht sagen, daß unter gemelten Kunstsachen viele sonderliche Principalwerke der fürnehmsten Meister zu erlangen sein sollten, sintemal sowohl in der Statuaria als Pictoria, eins oder zwei Stücke jedes Theils aus genommen, das andere alles Paradigmatica oder abgeformte Sachen sind, auch unter den Büchern wenig sonderliche, sondern was zum Theil schon hier, zum Theil an andern Orten mehr zu finden ist.“ Trotzdem


  1. Neues Archiv für sächs. Geschichte XXIII (1902), S. 220 bis 296.
  2. Baltische Studien II, 2 (Stettin 1834), S. 135 bis 136.
  3. Kap. Xa, Nr. 33.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/165&oldid=- (Version vom 19.10.2024)