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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/276

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nur ein unvollkommenes Bild der Reisen zu entwerfen vermocht. Nach seinem Bericht hielt sich Miltitz, der 1570 in Scharfenberg bei Meißen geboren war, zunächst als Soldat mehrere Jahre in den Niederlanden und in Frankreich auf und verließ Ende 1594, von Reiselust erfüllt, auf einem französischen Piratenschiff den Hafen von Dieppe. Er fuhr um die Südspitze Afrikas nach Indien, landete in Goa und Malakka, kehrte dann durch den Indischen Ozean zurück, gelangte um das Kap ins Atlantische Meer und erreichte glücklich die Küste Brasiliens. Nachdem das Schiff eine Ladung Farbeholz eingenommen hatte, steuerte es nach Santo Domingo. Hier wurde die Besatzung bei der Landung von spanischen Küstenwächtern verhaftet und in Ketten nach der Hauptstadt geführt. Unterwegs lernte Miltitz einen gutmüthigen Priester kennen, mit dem er sich in lateinischer Sprache mühsam verständigte und der ihm gute Rathschläge für sein Verhalten vor Gericht mit auf den Weg gab. Beim Verhör wußte er die Richter nach den Vorschriften seines priesterlichen Freundes zu täuschen und wurde deshalb freigesprochen. Sein Kapitän und dessen Steuermann dagegen erlitten als Schleichhändler und Seeräuber den Tod durch den Strang, während die Schiffsmannschaft auf die Galeeren kam. Unser so wunderbar geretteter Reisender verlor durch diesen Vorgang die Lust zu weiteren Abenteuern. Er verließ deshalb die Insel, um nach Europa zu segeln. 1601 kehrte er nach Dresden zurück und trat in den Hofdienst. Sein Wandertrieb ließ ihn indessen nicht lange ruhen. Als Gesandter seines Herrn bereiste er mehrmals Italien, England und die Niederlande. Noch im kräftigsten Mannesalter raffte ihn 1626 ein schneller Tod hinweg, ehe er sein Reisetagebuch veröffentlichen konnte. Wo sich dasselbe gegenwärtig befindet, ist unbekannt. Es wird weder unter den Familienpapieren des Hauses Miltitz, noch im Hauptstaatsarchiv oder in der Königlichen Bibliothek aufbewahrt.

Ehe wir von den Dresdner Gelehrten jener Zeit scheiden, ist es angebracht, auch jener zu gedenken, durch deren Vermittlung ihre Werke auf uns gekommen sind, nämlich der Buchdrucker[1]. Bekanntlich sind die Anfänge der Buchdruckerkunst in unserer Stadt noch ziemlich in Dunkel gehüllt. Angeblich wurde sie 1524 durch Wolfgang Stöckel aus Leipzig eingeführt, der sich anfangs auf Befehl Herzog Georgs hauptsächlich mit dem Drucke antireformatorischer Streitschriften beschäftigte. 1539 trat er zur Lehre Luthers über, doch starb er bald darauf und seine Werkstatt blieb lange Jahre geschlossen, bis sie sein Sohn Matthes Stöckel wieder eröffnete. Dieser genoß das besondere Vertrauen des Kurfürsten August. Er wurde 1568 zum Hofbuchdrucker ernannt und druckte vorwiegend theologische Werke, darunter so bedeutende wie die Konkordienformel und das Konkordienbuch. Ueber seine Lebensumstände ist wenig Sicheres bekannt. Häufig wird er mit seinem gleichnamigen Sohne verwechselt, der um 1586–1605 druckte. Etwa gleichzeitig arbeitete Gimel Bergen aus Lübeck, ein sehr thätiger Mann, der seit 1571 als Schriftsetzer in der Hofbuchdruckerei beschäftigt war und sich dann mit Genehmigung des Kurfürsten August selbständig machte. Mehrere Jahre lang betrieb er sein Geschäft gemeinsam mit dem älteren Matthes Stöckel. Später kaufte er ein Haus in der Moritzstraße, in dem er eine Buchhandlung betrieb. Zu seinen Druckwerken, die sich fast sämmtlich durch Schärfe und Sauberkeit auszeichnen, gehört die Meißnische Land- und Bergchronik des Petrus Albinus und das Dresdner Gesangbuch von 1593. Er hinterließ zahlreiche Nachkommen, welche die Druckerei bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts fortführten. Von 1584–1616 druckte außerdem noch Hieronymus Schütz, ein gelehrter Mann, der gleichfalls den Titel hofbuchdrucker erhielt und aus dessen Presse namentlich sehr zahlreiche Leichenpredigten hervorgingen.

Die meisten Erzeugnisse dieser alten Dresdner Drucker finden wir noch heute wohlerhalten in der Königlichen Bibliothek. Diese spielte zu Anfang des 17. Jahrhunderts im Geistesleben unserer Stadt bei weitem nicht die bedeutsame Rolle wie jetzt, da ihre Benutzung nur mit besonderer Genehmigung des Kurfürsten einzelnen bevorzugten Personen ausnahmsweise gestattet wurde. Bekanntlich geht die Bibliothek wie fast alle Dresdner Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in ihren Anfängen auf den Kurfürsten August zurück[2]. Nach seinem Tode wurde sie von der Annaburg in das Dresdner Schloß gebracht, wo sie länger als ein Jahrhundert in verschiedenen, mehrfach veränderten Räumen aufgestellt blieb. Unter Christian I. wurde sie nicht nur durch die Erwerbung einzelner werthvoller Werke, sondern auch durch den Ankauf der über 3300 Bände umfassenden Freiherrlich Wertherschen Büchersammlung vermehrt. Unter dem sparsamen Kuradministrator Friedrich Wilhelm begann für die Bibliothek ein Zeitraum traurigster Vernachlässigung, der auch unter Christian II. und seinen Nachfolgern andauerte. Der jährliche Vermehrungsfonds wurde zwar auf 100 Gulden festgesetzt, aber nur unregelmäßig ausgezahlt, und der Oberhofprediger Polycarp Leyser wurde zum Inspektor mit weitgehenden Vollmachten für die Verwaltung des Fonds und die Bestimmung der anzuschaffenden Werke ernannt. Seitdem blieb die Inspektion ein volles Jahrhundert hindurch mit

Anmerkungen

  1. Christian Schöttgen, Historie der Dreßdnischen Buchdrucker, Dresden 1740. – E. Arnold, Dresden als Buchdruckerstadt, Dresden 1900.
  2. F. A. Ebert, Geschichte und Beschreibung der Kgl. Öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Leipzig 1822, S. 23ff.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/276&oldid=- (Version vom 13.10.2024)