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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/283

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es sich um solche Pfennige, deren 9 einen Groschen aus- machten, eine Rechnungsweise, die nur bis zum Ende des 15. Jahrhunderts in Uebung war[1].

Die Brückenzollrolle war nach unsern heutigen Be griffen ungemein ausführlich. Während wir heute nur zwei Sätze haben, 10 und 5 Pfennig (letzteren Satz nur für Hunde- und Eſelfuhrwerk), umfaßte die älteste Brücken zollrolle 40 Posten mit Sägen von 1 Groschen, 6, 4, 2 und Pfennig, 1 Heller und den eben erwähnten Satz von einem alten Pfennig für je drei Schöpfe oder Schafe. Der Zoll richtete sich nach dem Werthe der Waaren. Meß und Kaufmannsgüter, also die kostbarsten Artikel, zahlten Groschen, und zwar vom Wagen, nicht vom Pferde. Einige andere Artikel, beispielsweise Honig, waren mit 6 Pfennig tarifiert. Gegenstände des gewöhnlichen wirthschaftlichen Bedarfs, als Heringe, Salz, Tuche, fische, Mühlsteine 2c., waren mit 4 Pfennig, land- und hauswirthschaftliche Gegenstände mit 2 Pfennig für die Wagenladung belegt. Der letztere Sah galt auch für Personenwagen. Kleine Kramer- und Kärrnerwagen wurden nach der Zahl der Pferde vernommen und zwar mit Pfennig von jedem Pferde. Denselben Satz zahlten Reiter, aber nur wenn sie zur Stadt hereinkamen. Zoll pflichtig war auch das über die Brücke getriebene Vieh, wenn auch die Säße nur mäßig waren: 1 Pfennig für jeden Ochsen, 1 Heller für Kühe, Pferde und Schweine; für Schafe und Schöpfe wie bereits erwähnt.

Man sieht, daß der Zolleinnehmer viel Zeit hatte, die Ladung der Wagen nachzuprüfen, und es läßt dies darauf schließen, daß der Wagenverkehr auf der Brücke nicht besonders groß war. Aber der Zöllner mußte auch wissen, ob die Fuhrleute einheimische oder fremde waren, denn für erstere waren gewisse Begünstigungen in der Zollrolle selbst festgesetzt[2]. Aber noch darüber hinaus galt, und zwar jedenfalls seit den ältesten Zeiten, der Grundsatz, daß alle Wagen Dresdner Einwohner frei waren, sofern die darauf geladenen Waaren nicht zum Erwerbe dienten oder die fuhren um Lohn gethan wurden, und auch in ersterer Beziehung ließ man die denkbar größte Milde walten; beispielsweise wurde selbst das von Fleischern zur Schlachtung eingeführte Vieh brückenzollfrei gelassen[3].

Von besonderem Werth ist die älteste Zollrolle für die kritische Erörterung des viel behandelten sogenannten „Dohnaischen Brückenzolls“. Durch die Forschungen des jüngst verstorbenen Professor Dr. Knothe[4] ist zweifelsfrei nachgewiesen, daß dieser Zoll ein Geleitszoll war für die Benutzung der Straße von Dresden nach Königsbrück, welches letztere sich eine geraume Zeit im Besitze der Burggrafen von Dohna befand. Die ganze Sage von dem Antheil der Burggrafen von Dohna am Brückenzoll und infolgedessen ihrer Mitwirkung an der Erbauung der Brücke rührt davon her, daß dieser Zoll hin und wieder als „der dritte Theil des Brückenzolls“ oder der dritte Pfennig" bezeichnet worden ist. Hieraus müßte geschlossen werden, daß die vom Rathe auf der Augustusbrücke erhobenen Zölle noch einmal so hoch waren als die Säße des Dohnaischen Zolls. In Wirklichkeit waren aber letztere viel höher[5]. Es ist hiernach wahrscheinlich, daß der Rath, als gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Zoll, vermuthlich infolge landesherrlicher Verleihung, in sein Eigenthum übergegangen war, nachdem er ihn bereits einige Jahre lang pfandweise erhoben hatte, diesen Zoll nicht mit dem Brückenzoll zusammen erheben ließ, sondern mit dem landes- herrlichen Geleitszoll, den er seit 1564 pachtweise, von 1662 bis 1736 eigenthümlich inne hatte[6]. Volle Klarheit wird sich hierüber nicht gewinnen lassen, da die auf diese Angelegenheit bezüglichen Akten des Rathsarchivs schon vor längerer Zeit verloren gegangen sind und auch die Brückenamtsrechnungen gerade für diejenigen Jahre, in welche die Erwerbung des Dohnaischen Zolls fällt, fehlen.

Das Exemplar der Zollrolle, von welchem bisher die Rede war, hatte augenscheinlich die Bestimmung, dem am 15. Oktober 1651 in sein Amt eingewiesenen Brückenzolleinnehmer David Fischer als Norm zu dienen, denn der von diesem geleistete Eid ist unmittelbar hinter der Zollrolle in die Akten eingeheftet. Das Exemplar ist deshalb lehrreich, weil es zeigt, daß manche Brückenamtsverwalter sich nicht scheuten, gelegentlich einen oder den andern Satz der Zollrolle zu erhöhen. Es finden sich nämlich in dem Eremplar einige Uenderungen von

zweiter Hand mit erhöhten Sätzen[7]. Noch größere


  1. Richter, a. a. O. Bd. III., S. 107, Anm. 5
  2. So zahlten Wagen mit Wein in Fässern, abgesehen von Landwein, Groschen, wenn der Fuhrmann ein fremder war; war er aber ein einheimischer, so zahlte er hinaus 6 Pfennig, herein nichts. Auch der einheimische Fuhrmann von Tonnengütern war bei der Ausfuhr vom Zoll befreit, während der auswärtige 4 Pfennig zu zahlen hatte. Fuhren mit Landwein waren frei, wenn sie von Einheimischen geführt wurden, dagegen zahlte der fremde Fuhrmann 2 Pfennig. Auch die Mühlwagen, die von Altstadt nach Neustadt fuhren, waren für einheimische Fuhrleute frei, wogegen der fremde Fuhrmann 4 Pfennig zahlte.
  3. A. VI. 84 b., Bl. 58.
  4. Archiv f. d. sächs. Geschichte Bd. I (1863) S. 425 ff.
  5. Es waren zu zahlen: für Wachs 12 Groschen, Leder, Centnergut, Cuch und Zinn je 6 Groschen vom Wagen, 100 Stück Schöpfe 5 Groschen, ein Schwein 1 alter Pfennig, einen Ochsen und ein Pferd je 2 alte Pfennige. Für Wagen mit anderen Waaren wurde nichts gezahlt.
  6. Richter, a. a. O. Bd. III., S. 97 flg.
  7. Hinzugefügt ist im allgemeinen: Zentner Gutt | Gr.", erhöht: Kramer und Honigwagen von 6 Pfennig auf 1 Groschen, Fleine Kramerwagen für jedes Pferd von 2 auf 6 Pfennig, Ketzschenberger (Kötzschenbrodaer) Weinwagen, sowie Personenwagen von 2 auf 4 Pfennig, Stroh und Heu von 2 auf 3 Pfennig, Schweine von Heller auf 1 Pfennig.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/283&oldid=- (Version vom 24.10.2024)