Die zuständigen Ministerien des Innern und der Finanzen
zeigten sich sehr zurückhaltend und sie fanden eine kräftige
Unterstützung darin, daß die Ständeversammlung im
Jahre 1864 der Regierung zur Erwägung anheimgab,
im Interesse des freien Verkehrs die Brückengeldgebühren
bei der hiesigen Elbbrücke sobald als möglich abzuschaffen,
infolge welches Beschlusses auch die Zollerhebung auf
der fiskalischen Marienbrücke mit dem 1. April 1865
eingestellt wurde. Es würde zu weit führen, über die
in dieser Sache zwischen dem Rathe und der Kreisdirektion
gepflogene umfängliche Korrespondenz im einzelnen
zu berichten; es sei nur kurz erwähnt, daß der
erhöhte Zoll anfänglich immer nur für ein Jahr bewilligt
wurde. Erst als die städtischen Kollegien auf
Grund eines vom Wasserbaudirektor Lohse erstatteten
Berichts, der sich über den baulichen Zustand der Brücke
sehr ungünstig aussprach, grundsätzlich zu einem künftigen
Neubau ihre Zustimmung ertheilt hatten und die Nothwendigkeit
klar vor Augen lag, für einen so kostspieligen
Bau beizeiten einen Fonds anzusammeln, der durch
nichts Anderes beschafft werden konnte, als durch Weitererhebung
des erhöhten Zolls, ließ sich die Regierung
herbei, unter Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zunächst
auf fünf Jahre, vom Jahre 1868 an gerechnet, die
Weitererhebung des erhöhten Zolls zu gestatten. Seit
jener Zeit ist die Weiterbewilligung der Brückenzollerhebung
nach den erhöhten Zollsätzen regelmäßig auf
je fünf Jahre erfolgt.
Die Zollerträgnisse hoben sich rasch, was wohl nicht nur auf den neuen Tarif zurückzuführen ist, sondern in noch weit höherem Grade auf die ungeheuere Steigerung des Verkehrs. Während im Durchschnitt der Jahre 1835 bis 1844 nur 3095 Thaler jährlich eingekommen waren, ergab sich im Jahre 1848 bereits eine Einnahme von 16 630 Thalern, im Jahre 1850 eine solche von 20 000, 1851 sogar 22 430 Thalern. Die Eröffnung der neuen Marienbrücke vermochte die Einnahme nicht wesentlich zurückzudämmen; zwar war ein geringer Rückgang wahrzunehmen, aber nur bis auf etwa 17 500 Thaler, und im Jahre 1857 waren die 20 000 Thaler wieder überschritten. Ungünstig wirkte auf den Verkehr auch das in den Jahren 1861 und 1862 von der Königlichen Polizeidirektion erlassene Verbot des Verkehrs von Lastfuhrwerk auf der Brücke während der Tagesstunden; aber immer noch nahm der Verkehr zu, und die nach Freigebung der Marienbrücke wiederum zeitweilig zurückgegangenen Einnahmen erreichten nach dem französischen Kriege mehrere Jahre hindurch die Höhe von 25 000 Thalern, im Jahre 1875 sogar 79 636 Mark. In späteren Jahren machte sich der Wettbewerb der neuen Brücken, der Albertbrücke und der Königin Carola-Brücke, bemerklich, nächstdem die Zunahme des Straßenbahnverkehrs auf der alten Brücke, welcher das Pferdefuhrwerk verscheuchte, so daß 1900 nur 36 990, 1902 sogar nur 32 458 Mark eingenommen worden sind.
Die Zollsätze selbst haben seit 1846 mehrfache Ermäßigungen erfahren. Zunächst wurden im Jahre 1865 die nur für Fremde geltenden Sätze für Handwagen, Traglasten, Schubkarren, Schiebeböcke und Vieh beseitigt, anfangs nur widerruflich, im Jahre 1868 auf Verlangen des Ministeriums des Innern endgültig. Im Jahre 1878, nach Eröffnung der Albertbrücke, wurde im Interesse einer rascheren Zollbehandlung der Unterschied der Zollsätze für beladenes Frachtgüter- und sonstiges Fuhrwerk beseitigt und für alles Last- und besetzte Personenfuhrwerk ein einheitlicher Zoll von 10 Pfennig für jedes Zugthier festgesetzt, ferner aus dem Lastfuhrwerk das Hundefuhrwerk ausgeschieden und einem niedrigeren Satze unterstellt. Anläßlich der Erwerbung der Marienbrücke sind endlich im Jahre 1901 die Selbstfahrer dem Brückenzoll unterworfen und der Zoll für Eselfuhrwerk, das es früher kaum gab, demjenigen für Hundefuhrwerk gleichgestellt worden; ferner wurden für einheimisches Last-, Hunde- und Eselfuhrwerk Brückenzollblocks mit 40% Rabatt eingeführt, welche ihrem Zwecke besser dienen als die eine zeitlang, in den Jahren 1865 bis 1877, mit einem Rabatt von 10% ausgegebenen Brückenzollmarken.
Auch im Dienste hat sich mit der Zeit manches geändert. Der eine Einnehmer, der in früheren Jahrhunderten die Zolleinnahme nur als Nebengeschäft zu betreiben brauchte, genügte bei dem fortwährenden Steigen des Verkehrs nicht mehr; es wurden nach und nach drei Einnehmer angestellt und neben ihnen funktionirten noch fünf Brückendiener, bis mit Eröffnung der Albertbrücke die Einrichtung der Brückendiener überhaupt aufgehoben wurde und die Brückendiener zu Einnehmern aufrückten. Heute wird der Dienst an jeder Brücke von sechs Einnehmern besorgt. Auch die ihnen gewährte Tantième, die zu manchen Unzuträglichkeiten Veranlassung gab, ist seit 1891 weggefallen.
Inhalt: Zur Geschichte des geistigen Lebens in Dresden vor 300 Jahren. Von Dr. Viktor Hantzsch. – Zur Geschichte des Augustusbrückenzolls. Von Stadtrath Dr. O. Lehmann.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/292&oldid=- (Version vom 13.11.2024)