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Walther Kabel: Ein berüchtigtes Duell. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 206–212

an Reichtum, Herkunft und Äußerem so gut füreinander passendes Paares.

Plötzlich trat aber ein neuer Bewerber um die Hand der reichen Erbin auf – ihr Vetter, der Baron v. Longreville. Dieser suchte, da Etienne ihm ihre Abneigung sehr deutlich zu erkennen gab, in heimtückischer Weise seinen bevorzugten Nebenbuhler, den Herzog, bei ihr zu verleumden, hatte hiermit aber wenig Erfolg. Trotzdem stellte er seine hinterlistigen Angriffe gegen den italienischen Edelmann nicht ein, sondern versuchte ihn auf jede nur denkbare Weise in Paris unmöglich zu machen. Eines Nachts wurde der Herzog dann in einer dunklen Gasse von drei Vermummten überfallen und entrann nur durch das zufällige Auftauchen eines Wächtertrupps den Dolchen der Meuchelmörder, die festgenommen wurden, jedoch später auf unerklärliche Weise aus dem Gefängnis entkamen. Nach diesen Ereignissen erzählte man sich überall, und dies nicht nur in den dem Königshause nahestehenden Kreisen, daß kein anderer als Ludwig XV. selbst bei dem Überfall und der nachherigen Befreiung der Attentäter seine Hand im Spiel gehabt habe. Diese Gerüchte kamen natürlich auch den Nächstbeteiligten zu Ohren, worauf der italienische Edelmann der Sache dadurch ein schnelles Ende bereiten wollte, daß er sich mit Etienne öffentlich verlobte.

Die Verlobungsfeier fand im Palaste der Gräfin Monzelle, der Tante Etiennes, unter größter Prachtentfaltung statt. Auch der König erschien dazu und überreichte der jungen Braut ein Diamantgeschmeide als Geschenk. Am nächsten Tage veranstaltete Ludwig[1] XV. ihr zu Ehren sogar ein großes Reiterfest, und bei dieser Gelegenheit wußte der Baron v. Longreville den Herzog derart zu provozieren, daß dieser ihm seine Sekundanten schicken mußte.

Als Ort für den Zweikampf wurde ein dichtes Gehölz in der Nähe von Paris bestimmt. Der Baron hatte wiederum darauf bestanden, daß das Duell mit Pistolen ausgefochten würde, und weiter war verabredet worden, daß die beiden Gegner gleichzeitig aufeinander feuern sollten. Der Herzog, ein vorzüglicher Schütze, sah dem Ausgange des Zweikampfes


  1. Vorlage: Luwig
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Walther Kabel: Ein berüchtigtes Duell. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 12, S. 206–212. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_ber%C3%BCchtigtes_Duell.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)