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Walther Kabel: Fürsten als Ehestifter. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 11, S. 203–206

Er schenkte jedem dieser Paare ein Gut, während er Bürgerliche in den Adelsstand erhob. Nach Tissandier vermittelte so der schönheitsbegeisterte Herrscher nicht weniger als dreihundertfünfundsechzig Ehen. Die meisten von diesen waren sehr glücklich und mit reicher Nachkommenschaft gesegnet, unter der besonders viele Mädchen von wirklich seltenem Liebreiz gewesen sein sollen.

König Friedrich Wilhelm I. von Preußen wieder wurde aus Vorliebe für recht große Soldaten zum begeisterten Ehestifter. Offizieren und Mannschaften seines geliebten Riesenregiments erteilte er seine Einwilligung zur Eheschließung nur dann, wenn die Herzenserkorenen der Betreffenden gleichfalls über eine ungewöhnliche Körperlänge verfügten. Traf er irgendwo auf seinen Besichtigungsreisen durch sein Land eine besonders große Frauensperson, so wurde diese nötigenfalls mit Gewalt nach Potsdam gebracht und an einen der „langen Kerls“ verheiratet.

Eine gewisse Berühmtheit hat die Heiratsgeschichte der drei Freifräulein v. S. erlangt. Einmal kehrte Friedrich Wilhelm, vom Regen auf einem Jagdausfluge überrascht, auf dem Familienschlosse der S. ein. Als ihm bei dieser Gelegenheit die drei reichlich groß geratenen Töchter des Schloßherrn vorgestellt wurden, fragte er diesen mit einer Handbewegung auf die drei Riesenfräulein in seiner kurz angebundenen Manier: „Schon verlobt?“

„Nein, Majestät. Die Mädels finden bei ihrer Größe recht schwer einen Bewerber.“

„Was gibt Er seinen Töchtern mit?“

„Fünftausend Taler bar und eine gute Aussteuer.“

„Übergenug. Werde Ihm drei Offiziere von meinen langen Kerls schicken. Dann wird aber geheiratet – verstanden?!“

Bald darauf fanden sich auf Schloß S. wirklich drei Offiziere des Riesenregiments als Freier ein, und drei Monate später fand dort die dreifache Hochzeit statt, zu der Friedrich Wilhelm persönlich als Gast erschien.

Daß Napoleon I. an der merkwürdigen Sucht litt, Ehen zusammenzubringen, ist erst neuerdings durch das interessante Buch eines italienischen Gelehrten bekannt geworden. Als

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Walther Kabel: Fürsten als Ehestifter. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 11, S. 203–206. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:F%C3%BCrsten_als_Ehestifter.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)