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Lebens im Lichte der göttlichen Wahrheit erwächst. Die mit Salomo beginnende Spruchdichtung unterscheidet sich von den übrigen heiligen Schriften durch einen über den Bereich des Volkes Gottes hinausreichenden Blick; das Natürliche und rein Menschliche ist ihr Gegenstand. Daher durchweg der allgemeine Gottesname, das Absehen vom Gesetz. Sie erforderte ein Verhältnis zur außerisraelitischen Welt, eine Weitschaft und einen Sinn für das Allgemeine, wie es alles gerade Salomo und seinem Zeitalter eignete. Vgl. 1 Kön. 5, 1–14. (Vgl. § 34, 3.)

 c) Die exilische Periode. Unter Davids Nachkommen erlosch allmählich mit der Religiosität auch die h. Poesie; nur unter Josaphat (2 Chr. 20) und Hiskia (2 Chr. 29, 25 ff.) ist noch ein Aufschwung wahrzunehmen. Als aber Israel, durch die Trübsal geläutert, sich wieder zum HErrn zu bekehren und zugleich mit neuer Hoffnung auf das Kommen des HErrn zu warten anfing, da gab es einen neuen Liedersegen. Wie aber die ganze nachexilische Zeit, so schließt sich auch ihre Poesie nach Form und Inhalt eng an die Erzeugnisse früherer Zeiten an.


§ 34.
Das Buch Hiob.

 1. Das Buch trägt seinen Namen von Hiob, weil dessen Leiden, ihre Ursache und ihr Ausgang, es sind, welche dem Verfasser den Anknüpfungspunkt für den Inhalt seines Lehrgedichtes bieten.

 2. Der Zweck des Buches ist die Beantwortung der Frage: Warum kommen über den Frommen Leiden auf Leiden? Hiob, welcher nicht etwa eine erdichtete, sondern eine geschichtliche Persönlichkeit ist (Ez. 14, 14. Jac. 5, 11), von den apostolischen Konstitutionen mit Recht neben den Patriarchen und dem Melchisedek genannt, lebte nach unserem Buch in der Sage des ganzen Morgenlandes fort als der Fromme, welcher ohne eigene Schuld aus der höchsten Höhe menschlichen Glückes in die tiefste Tiefe des Elends stürzte, in demselben aber trotz harter Anfechtung an Gott festhielt, durch dessen Gnade er zuletzt wieder in seinen früheren Glücksstand erhoben ward. Sein Ergehen, sein inneres Ringen und Siegen und der heilvolle Ausgang seines Leidens ist der Inhalt unsres Buches, welches nachweist, daß das Leiden des Frommen nicht als Strafleiden,