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4, 5 ff.; 24, 1 ff. u. s. w. Diese Weissagungen sind sehr ins Einzelne gehend. Freilich sind die Danielischen noch viel spezieller: aber wenn es einmal spezielle Weissagungen in der Schrift gibt, wer kann dann bestimmen, wie speziell sie sein dürfen, um noch für möglich gelten zu können? Die Zweifel an der Möglichkeit so spezieller Weissagungen laufen schließlich auf den Zweifel an der Möglichkeit der Weissagung überhaupt hinaus. Ist die Weissagung überhaupt möglich, so läßt sich nicht nach Naturgesetzen bestimmen, wie allgemein oder speziell sie sein müsse, um glaubhaft zu bleiben, denn die Weissagung ist eben nichts Natürliches, an die Gesetze natürlicher Entwicklung Gebundenes, sondern ein Wunder, welches im Dienste und zum Zwecke der Heilsgeschichte das Gesetz der Natur durchbricht. Spezieller übrigens als die Weissagungen über die Erscheinung und den Lebensgang des Messias sind auch die Danielschen Weissagungen nicht. Auffallend ist bei Daniel mehr die Form, in der seine speziellen Weissagungen erscheinen. Sie offenbaren die zukünftigen Dinge nach Vorgang von c. 2 in der Ordnung strenger geschichtlicher Aufeinanderfolge (vgl. die ganz andere Weise, die in Jesaja II herrscht). Es ist daher zu fragen, zu welchem Endzweck diese Form gewählt resp. festgehalten sei. Die Antwort hierauf geht in unserem Falle dahin, daß es für so drangsalsvolle Zeiten durchaus nötig war, der Gemeinde Gottes auf jedem Schritt das Licht des prophetischen Wortes leuchten zu lassen, damit sie in der sich steigernden Verkettung und Verwickelung der Verhältnisse an dem HErrn und seiner Leitung der Dinge nicht irre werde, sondern wisse, daß er selbst die Dinge also vorgesehen habe, da er sie ja vorausverkünden ließ. Wir hören nicht, daß während der 400 Jahre vor Christi Geburt von Gott ein Prophet erweckt worden wäre, den Israel, wie es vormals gewohnt gewesen war, hätte fragen können. Es hängt das mit der Erziehung Israels zusammen, es sollte zu innerer Selbständigkeit kommen; aber von prophetischer Führung sollte Israel nicht verlassen sein. Die Weissagungen Daniels, die den Gang der Weltgeschichte, in den nun auch Israels Lebensgang verflochten war, Schritt für Schritt andeuten, boten Ersatz für einen in der Mitte des Volkes lebenden Propheten. Von den Ereignissen, durch welche das jüdische Volk nicht unmittelbar berührt wird, ist nur das Nötigste mitgeteilt. – Ansätze zu der besonderen Art der Weissagung, wie wir sie in Daniel finden, zeigt der Spruch Bileams Num. 24, 17–24, welcher auch genau angibt, wie ein Weltereignis auf das andere folgt. Dieselbe Form, weil derselbe Inhalt. Eine Analogie für spezielle Weissagungen in Zeiten höchster Drangsal und Verwicklung geschichtlicher Verhältnisse bietet uns die Apokalypse. Der Kern derselben umfaßt 31/2 Jahre, durch welche wir von Schritt zu Schritt bis zum Ausgang der Geschichte geleitet werden.

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 Was aber die Einwände gegen die geschichtlichen Berichte c. 1–6 betrifft, so beziehen sie sich teils auf Zeitbestimmungen, z. B. 1, 1 und 2, 1 vgl. Jer. 25, 1 ff., teils auf geschichtliche Verhältnisse in 3, 31, c. 4, c. 5 und 6, 1, teils auf die Nennung griechischer Instrumente, c. 3; am meisten aber auf die Wunder, die da berichtet werden. Indem wir die Einwendungen gegen die