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durch den Glauben an die Verheißung vor der Beschneidung, also vor Anfang der Gesetzesoffenbarung, weshalb er ebenso der Anherr der gläubigen Beschnittenen wie der unbeschnittenen Gläubigen ist (4, 1–17). Was aber wahrer Glaube ist, sehen wir gleichfalls an Abrahams Beispiel: nämlich eine feste Zuversicht, die trotz des Widerspruchs des Augenscheins sich an Gottes Zusage hält und ihm dadurch die Ehre gibt. Wie Abraham trotz seines und Saras erstorbenen Leibes im Glauben an die totenerweckende Allmacht Gottes die göttliche Zusage (1 Mos. 17, 5) ergriff, so ergreift auch der christliche Glaube in dem auferstandenen Christus die Gerechtigkeit und das Leben (18–25).

 3. Die Gerechtigkeit aus Glauben befriedigt allein das menschliche Bedürfnis c. 5–8.

 Mit der Glaubensgerechtigkeit hat der Mensch alles, was er zu seinem Heil bedarf, denn sie bietet ihm ein neues Verhältnis zu Gott, Frieden mit Gott in der Gegenwart und die gewisse Hoffnung der endlichen Heilsvollendung (5, 1–11). Von der bisherigen mehr individuellen Betrachtungsweise, d. h. von der Würdigung der in der Rechtfertigung dem einzelnen widerfahrenen Wohlthat erhebt sich der Apostel zur Höhe einer universalgeschichtlichen Betrachtung, indem er eine Parallele zwischen Adam und Christus zieht. Von beiden Anfängern einer unter sie befaßten Menschheit sind entscheidende Wirkungen ausgegangen, dort Sünde und Tod, hier Gerechtigkeit und Leben. Inmitten dieser beiden Pole der Menschheitsgeschichte kommt dem Gesetz nur die untergeordnete Bedeutung zu, daß es die Sünde steigern sollte, was aber nur eine diese gesteigerte Sünde noch überbietende Offenbarung der Gnade zur Folge hatte (5, 12–21). Eine mögliche Mißdeutung von 5, 20 abzuwehren betont nun aber der Apostel, daß aus dem neuen (Gnaden-) Verhältnis, in dem wir zu Gott stehen, notwendig auch ein neues sittliches Verhalten folgen müsse. Unser Leben kann nun fortan kein Sündendienst mehr sein: dies wäre Selbstwiderspruch seitens derer, die in der Taufe dem der Sünde gestorbenen und zu neuem Leben erstandenen JEsus sich einverleiben ließen (6, 1–14), und Rückfall aus dem Stande der Freiheit vom Gesetz und der Sünde in den Stand der Knechtschaft unter der Sünde (15–23). Auch diejenigen, welche, weil sie bisher dem Gesetz unterstanden, auch fernerhin unter demselben verbleiben zu müssen meinten (die Judenchristen) (?), sind durch Christi Tod frei vom Gesetz, wie die Ehefrau vom Manne frei wird, wenn derselbe stirbt (7, 1–6).

 Eine zweite Mißdeutung abzuwehren dient der Abschnitt 7, 7–8, 11. c. 7, 5 und 6 klang so, als ob unter dem Gesetz sein und unter der Sünde sein Zusammenfalle, also wie eine Identifizierung von Gesetz und Sünde. Daher die Frage 7, 7, auf welche der Apostel aus seiner eigenen Erfahrung heraus die Antwort gibt: das Gesetz ist nicht Sünde, aber es bringt die Sünde zum Bewußtsein, weckt und reizt durch sein Verbot die schlummernde böse Lust und verfällt den Menschen so in die Strafe des Todes (7–11). Sonach wäre also das an sich Gute (das Gesetz) dem Menschen zum Übel (nämlich Ursache des Todes) geworden? Nein, antwortet der Apostel, nicht das Gesetz – sondern