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und ihres Geschicks. Die christliche Gemeinde, die sie schamlos zu ihren Zwecken benützen, hat nichts an ihnen und von ihnen. Ihre Gottlosigkeit gleicht der des Geschlechts der Sündflut, daher auch ihnen die Weissagung Henochs[1] von dem Eintreffen der großen Flut gilt (14–15). Mit der Ermahnung an die Leser sich von diesen Menschen in keiner Weise beeinflussen zu lassen, vielmehr sich auf dem Grund ihres heiligen Glaubens fortzuerbauen, lehrt er endlich v. 16–23 das richtige Verhalten gegen diese Leute. a) Trotz allem ihrem Vorgeben, wenn sie über Gottes Weltordnung klagen, ihre höhere Sittlichkeit rühmen, schöne Worte machen, stolze Reden führen gegen Gott, trotz alledem sollen die Leser von ihnen halten, was der Apostel schon gesagt: sie sind Spötter, die nach ihren eigenen Lüsten leben, Vorboten des Gerichts, Anzeichen der letzten Zeit (16–18). b) Zum andern sollen sie innerhalb ihrer eigenen christlichen Gemeinschaft im Gegensatz zu jenen, die sich selbst die „Geistlichen“ (Pneumatiker) nennen und eine höhere „geistige“ Erkenntnis vorgeben, sich auf nichts erbauen, als auf den apostolischen Glauben und sich bewahren in der Liebe Gottes, die Brüder aber, die in Gefahr, oder etwa der Verführung schon erlegen sind, zu retten suchen – doch so, daß die Gemeinde durch das sittliche Verderben der Verführten keinen Schaden nimmt (19–23). Mit einem Lobpreis Gottes schließt der Brief.


4. Die Briefe des Johannes.

§ 97.
Johannes, der Apostel, Verfasser dieser Briefe.

 Der Verfasser des ersten Briefes nennt sich zwar nicht, allein er bezeichnet sich 1, 1–4 als Augenzeugen der Geschichte JEsu und gibt sich in Schreibart, Ausdruck und Auffassung ganz deutlich als den Apostel Johannes, den Verfasser des vierten Evangeliums, zu erkennen. Auch einzelne Aussprüche wie 1, 1. 3. 5; 4, 14 und der ganze Ton, in welchem der Verfasser mit seinen Lesern redet, lassen den Apostel und Evangelisten klar erkennen. Das Zeugnis des Altertums bestätigt dies. Mit seltener Einstimmigkeit bezeichnet es den Apostel Johannes als den Verfasser unseres Briefes. – Anders dagegen steht es mit dem zweiten und dem dritten Briefe, der von Johannes seinen Namen trägt. Im Morgenlande erwähnt


  1. Dieselben Worte finden sich im zweiten Kapitel des apokr. Buches Henochs, das neuerdings in Äthiopien aufgefunden worden ist. Aber es ist nicht nötig, daß Judas sie aus diesem Buche hatte, und das Buch Henoch also älter ist, als unser Judasbrief. Man sieht nur das mit Gewißheit, daß dem Buche Henoch und dem Judas dieselbe schriftliche Überlieferung vorlag, und daß Judas gerne auf jüdische Überlieferungen sich berief. Dasselbe that aber auch Paulus, z. B. 2 Tim. 3, 8.