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zuerst Klemens von Alexandrien den zweiten und dritten Brief des Johannes; Origenes und Dionysius von Alexandrien erkennen beide Briefe als echt an. Das Abendland erkennt bestimmt den zweiten Brief des Johannes an, so z. B. Irenäus. Der Kanon der römischen Kirche c. 150 enthielt nicht bloß den zweiten, sondern auch den dritten Brief; doch vermißte man an ihnen ein deutliches Zeichen ihrer Herkunft vom Apostel Johannes. So entstand eine Unsicherheit, die dazu führte, daß sie später zu den widersprochenen Teilen (Eusebius) des Kanons gerechnet wurden. Gerade bei diesen zwei Briefen darf es uns aber nicht befremden, daß sie langsamere Verbreitung fanden, als andere Briefe. Teils die Kürze, teils der private Charakter des dritten Briefes mögen das verursacht haben. Zudem konnte auch der Name „der Älteste“, den der zweite Brief an seiner Stirn trägt, auf einen andern Verfasser als den Apostel hinzudeuten scheinen, nachdem einmal eine Unsicherheit in die Tradition gekommen war. Der Charakter dieser Briefe ist ohne Zweifel johanneisch; sie entsprechen jener Persönlichkeit, die schon § 74, 1 charakterisiert wurde, worauf wir hier verweisen. – Die Zeit der Abfassung dieser drei Briefe liegt nicht sehr weit von der des Evangeliums ab.


§ 98.
Die Briefe des Johannes.
I.

 1. Man hat behauptet, unser erster Brief des Johannes habe als Begleitschreiben für das Evangelium gedient und in 2, 14 vgl. v. 13 seien Beziehungen des Briefes auf das Evangelium enthalten. Allein der Wechsel der Zeit – ich schreibe, ich schrieb –, auf den man sich beruft, erfordert diese Erklärung nicht, und im Zusammenhange ist sie nicht begründet. Der Brief entspricht aber allerdings dem Evangelium. Wie dort das Wesen Christi, so wird hier das Wesen des Christen auf den einfachsten Ausdruck gebracht. In Christo, so zeigt das Evangelium, erschien die Herrlichkeit des Vaters und teilte sich den Gläubigen als Licht und Leben mit, während sie die Welt in ihrer Finsternis offenbar machte. Im Christen, so lehrt unser Brief, kommt die Gemeinschaft des Menschen mit Gott und