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göttlichem Wesen zur Erscheinung, das Leben Gottes oder die Liebe ist in ihm, dagegen hat er nichts zu schaffen mit dem gottlosen und darum dem Tod verfallenen Wesen der Welt. So zeichnet der Apostel in seinem Briefe echt johanneisch das Wesen eines Christen. Zur christlichen Dogmatik des Evangeliums gibt der Brief die christliche Ethik.

 2. Das Wesen des Christentums darzustellen: – dies und nichts anderes ist denn auch der Zweck des Briefes. Andere sagen, er sei geschrieben, um die Doketen zu widerlegen, d. i. jene, welche lehrten, dem Menschen JEsus habe Christus (das höhere, göttliche Prinzip) zwar eingewohnt, aber JEsus sei nicht selbst der Christ. Das Wahre ist, daß Johannes seine sittlichen Ermahnungen mit Rücksicht auf die damals auftauchenden doketischen und antinomistischen Verirrungen (eines Kerinth etc.) gibt. Vgl. 1, 3; 2, 22; 3, 23; 4, 1 ff.; 4, 15; 5. 5–6. Jene trügerische Irrlehre trennte unter dem Scheine einer höheren Weisheit, was zusammengehörte, und zwar 1. in der Person des Heilands die Idee und die Geschichte, die Wahrheit und die Wirklichkeit, oder Christum und JEsum, wie sie sagten; 2. im christlichen Leben das Leben in Gott und das Leben in der Welt, den Stand im Geiste und den Stand im Fleische. Im Gegensatze gegen diese Irrlehre führt der Apostel aus, worin das Wesen und die Wahrheit des christlichen Lebens bestehe.

 3. Der Brief setzt, wie sein Eingang zeigt, das Evangelium voraus. Er folgte auf das Evangelium; wann und von wo (von Ephesus aus?) aus aber dies geschah, läßt sich mit Sicherheit nicht sagen.

 4. Der Gedankengang unseres Briefes ist kein streng logischer in unserem Sinn. Es sind gewisse Grundgedanken, von welchen die Darstellung ausgeht und sich weiterspinnt und zu welchen sie immer wieder zurückkehrt, woran sich dann gewisse Abschnitte erkennen lassen. Das Thema lautet: Das Christentum ist Gemeinschaft mit dem Vater durch den Sohn im h. Geist und andrerseits Enthaltung von der Welt. Diesen Gedanken führt der Apostel in folgender Weise aus: