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Opferpraxis. Früher seien die Opfer zugleich Mahlzeiten gewesen, im Priesterkodex würden sie lediglich Mittel des Kultus. – Aber schon die früheste Zeit kannte neben Opfern mit Mahlzeit auch solche ohne dieselben, vergl. das Bundesopfer Gen. 15, das Brandopfer Gen. 22 und daneben Gen. 31, 54. Exod. 18, 12 haben wir Brandopfer und Schlachtopfer neben einander. Ex. 24, 5 Brandopfer und Dankopfer. – Früher, meint W., seien die Opfer durchweg fröhlicher Natur gewesen, ein sich Freuen vor Jahve, bei Sang und Klang; kein größerer Gegensatz dazu, als der monotone Ernst des sogenannten mosaischen Kultus, mit seiner Hervorhebung der Sünde und ihrer Sühnung. – Er beruft sich dabei auf Hosea 9, 1, wo von Erntefesten die Rede ist, die natürlich fröhlicher Art waren; aber derselbe Prophet kennt auch c. 4, 8 die Sündopfer (samt den Bestimmungen über den Anteil der Priester) sehr wohl. Ein Schuldopfer für bestimmte Verfehlung kommt 1. Sam. 6 vor bei Rückgabe der Bundeslade von seiten der Philister. Außerdem aber redet Ezechiel von Schuld- und Sündopfern wie von einer wohlbekannten Sache. Dies könnte er nicht, wenn sie neuen Datums wären. Im übrigen tritt in der Geschichte an mehr als einer Stelle hervor, daß man durch Opfer den um Versündigungen willen zürnenden Gott gnädig stimmen wollte, vgl. Ri. 2, 5; 20, 26; 21, 4. – Die Idee von Schuld und Notwendigkeit der Sühnung derselben und zwar nach bestimmten Regeln ist auch in außerisraelitischen Religionen reichlich bezeugt (vgl. Döllinger, Heidentum und Judentum pag. 202 etc., 532–40), besonders bei den Römern; bei den vielfachen Analogien zwischen dem israelit. und außerisraelit. Kultus müßte es auffallen, wenn ein so wichtiges Stück erst nach dem Exil eingefügt worden wäre.

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 Schließlich will W. sogar innerhalb des Priesterkodex selber eine Stufenfolge in der Bildung desselben nachweisen. Vom Räuchern wisse die frühere Zeit nichts; erst von Jeremia an werde dasselbe erwähnt. So sei auch der Rauchopferaltar erst später dazugekommen. In der Beschreibung der Stiftshütte Ex. 25–29 finde er sich nicht; erst c. 30. Warum das? Der Verfasser von c. 25–29 hat eben nichts davon gewußt. Das werde dadurch bestätigt, daß er gerade an der Stelle, wo es sich um das heiligste Rauchopfer handelt, Lev. 16 nicht zu entdecken ist. – Aber letzteres ist ein Irrtum; Lev. 16 handelt es sich nicht um Darbringung eines Rauchopfers als eines selbständigen Aktes, sondern um den Eingang des Hohenpriesters in das Allerheiligste, da Gott auf dem Gnadenstuhl thronte und am Versöhnungstag in einer Wolke erscheinen wollte. Der Hohepriester hatte aber ins Allerheiligste zu gehen, um das Blut des Sündopfers gegen den Gnadenstuhl zu sprengen, wie denn die Reinigung des Heiligtums mit Blut die eigentliche Aufgabe war, die der Hohepriester an diesem Tag vollziehen mußte. Das bei diesem Eingang und Reinigungswerk sich findende Rauchopfer ist ein begleitender Umstand; durch den Nebel des aufsteigenden Rauchwerks sollte ihm der Gnadenstuhl verhüllt werden, daß er nicht stürbe. Sonach erklärt es sich wohl, daß der Rauchaltar hier nicht vorkommt, er hat hier keinen Raum. Das Gebot: er solle das Rauchwerk innerhalb