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 3. Als Quellen, aus denen der Verfasser schöpfte, erscheinen die von Propheten wieder aus älteren Schriften zusammengestellten Annalen, welche der Verfasser oft citiert, und zwar folgende: 1. Annalen über die Regierung Salomos, 1 Kön. 11, 41; 2. Annalen über die Könige Judas, vgl. 1 Kön. 14, 29 u. ö.; 3. Annalen über die Könige von Israel, 1 Kön. 15, 31. 16, 5 u. ö. Diese Annalen sind aber mit den amtlichen Aufzeichnungen in den Staatsarchiven nicht zu verwechseln; solche gab es wohl in Juda, in Israel aber werden sie nicht erwähnt; es sind vielmehr Privatschriften von Propheten, welche als Zeitgenossen der betreffenden Könige das Wichtigste aus ihrer Regierung aufzeichneten. Auch die Geschichte Elisas scheint aus einer besonderen Quelle zu stammen, ebenso die vom Angriff Sanheribs.

 4. Der Verfasser verfolgt bei seiner Geschichtsdarstellung den Zweck, zu zeigen, wie das Israel der beiden Reiche durch die Grundsünde des Götzendienstes und durch beharrliche Verachtung des prophetischen Wortes von Stufe zu Stufe des inneren und äußeren Verderbens herabsank, bis Gottes strafende Gerechtigkeit es in das Exil dahingab, wie aber Juda mit seinem davidischen Königtum auf Grund der Verheißung (2 Sam. 7) auf Wiedererhebung aus diesem Abgrund hoffen darf, wenn es der Predigt, die in der Geschichte seiner Vergangenheit enthalten ist, das Herz nicht verschließt. Wie alle historisch-prophetischen Schriften des A. T., so ist demnach auch diese eine Lehrschrift. Die Geschichte wird erzählt zum Zweck der Lehre.

 Von seiten der Kritik wird behauptet, das Bild der geschichtlichen Vergangenheit sei in den Büchern der Könige durch eine sehr einseitige Auswahl des Stoffes alteriert worden, welche von spezifisch religiösen Gesichtspunkten ausgehe; der Schwerpunkt der Überlieferung sei damit verschoben; und nicht allein dies, sondern der ursprüngliche Stoff sei verfärbt d. h. in falschem Lichte dargestellt, indem das israelitische Königtum und sein Kultus als illegitimer dargestellt werde, was beides nicht der Fall gewesen sei. – Die letztere Behauptung steht mit den Quellen und der sonstigen Schrift in offenbarem Widerspruch. Jerobeam I ist ja nach dem Bericht von einem Propheten des HErrn eingesetzt; nur die Ewigkeit war seinem Königtum nicht