Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Wie kann der christliche Volksschullehrer an der Schuljugend Seelsorge üben.pdf/5

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1.

 1. Daß ein Lehrer zugleich Erzieher ist, das haben wir schon gehört. Wieferne ist er aber als Erzieher auch Seelsorger der ihm anvertrauten Jugend? Greift er damit nicht am Ende Anderen in’s Amt? Sehen wir näher zu.

 Die nächste Pflicht für die Seelen der Kinder zu sorgen, haben die Eltern. Sobald ein Kind es fassen kann, sollen sie ihm fleißig sagen von dem Heiland, der es in der Taufe zu seinem Kinde angenommen hat. Sie sollen ihm sagen von seiner Geburt in Bethlehem, von seiner Kindheit, von seinem Leben, Leiden und Sterben, von seiner Auferstehung und Himmelfahrt. Sie sollen mit dem Kinde fleißig beten. Diese Sorge für die Seelen der Kinder, diese Hinleitung der Schäflein zu ihrem Hirten ist Sache der Eltern, und sie dürfen um keinen Preis dieses süße und heilige Geschäft einem Anderen überlassen, oder auf dasselbe verzichten, weder zu Gunsten des Lehrers, noch zu Gunsten des Pfarrers. Es ist traurig, wenn die Mutter keinen Sinn oder keine Zeit hat, diese erste Seelsorge an der Kindesseele auszuüben. Sie begibt sich damit ihres schönsten mütterlichen Rechts, sie versäumt ihre heiligste mütterliche Pflicht.

 Wie aber, – wenn Kinder trotz alle dem in die Schule kommen, ohne daß sie jenen Unterricht empfangen haben und zum Beten angeleitet wurden? Die Antwort ist nicht schwer. Der Lehrer thue Barmherzigkeit an dem vernachlässigten Schulkinde; er hole nach, was das Haus versäumt hat; er thue hierin, was er nur immer vermag. Aber je ernstlicher er es versucht, desto mehr wird er finden, daß die Schule gar nicht ersetzen kann, was das Haus in der ersten Sorge für die Seelen der Kinder versäumt hat. Gerade der fromme Lehrer wird es erfahren, wie die erste Seelsorge, die directe Leitung der Kinderseelen zu ihrem Heilande, Sache der elterlichen Erziehung ist, und wie schwer ein Fremder sie ersetzen mag.

 Wenn aber die erste Seelsorge Vater und Mutter, und die Seelsorge zur Vorbereitung für die Confirmation selbstverständlich dem Geistlichen zukommt,

 2. was bleibt dann noch für die Seelsorge des Lehrers übrig? Wir sagen: Genug, wenn der Lehrer anders die Erziehung, die die Schule als solche gibt, zur Seelsorge zu machen weiß.