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heisst[1], ein auffallender Ausdruck[2], möglicherweise nur gewählt, um den Herzogstitel zu vermeiden. Da aber Steier früher fast, als irgend ein anderes deutsches Land, Principatus genannt wird[3], Herzog Leopold gleich nach der Erwerbung Steier im Titel Oesterreich sogar vorstellt[4], die spätern Lehnbriefe es immer als besonderes Fürstenthum neben Oesterreich aufführen, es sogar in dem K. Richards von 1262, in welchem Steier auffallenderweise wieder als Markgrafschaft bezeichnet wird, ausdrücklich heisst: duos principatus, ducatum Austrie et marchionatum Stirie[5], so wird nicht zu zweifeln sein, dass ein Herzog von Steier auch als solcher Reichsfürst war.

137 Eine Prüfung, ob der Herzog von Meran oder Dalmatien, auch von Dalmatien und Kroatien, als solcher Reichsfürst gewesen sei, muss um so näher liegen, als der Titel früher für die Dachauer keinerlei Vorrang vor andern Grafen mit sich brachte[6], in seinem Ursprunge ausser Beziehung zum Reiche stand, und uns nichts bekannt ist, was demselben bei dem Uebergange an die Andechser eine erhöhte Bedeutung hätte geben können. Im allgemeinen kann es allerdings auffallen, dass Meran, aber ebenso auch Kärnthen, nur selten einem andern Herzoge vorgestellt wird, während die Stellung von Meran und Kärnthen häufig wechselt[7]; doch finden sich zumal in der Zeit K. Friedrichs II. die Zeichen des Fürstenstandes so häufig, dass jeder Zweifel beseitigt wird; findet sich ganz vereinzelt der Herzog 1216 hinter Baden und dem Grafen von Dietz[8], so wird das nur als Regellosigkeit bezeichnet werden können gegenüber der auffallend festen Stellung Merans vor Kärnthen und Thüringen im J. 1232.[9] Es liesse sich aber die Frage aufwerfen, ob der Fürstenstand an dem Titel eines Herzogs von Meran oder etwa an dem eines Pfalzgrafen von Burgund haftete, welchen der Herzog erweislich seit 1213 führt[10] und wahrscheinlich nicht viel früher, sicher nicht vor seiner Verheirathung mit Beatrix im J. 1208 erhalten hat. Aber auch für frühere Zeit dürfte die Fürstenwürde des Herzogs in keiner Weise zu bezweifeln sein; in Urkunden aus den Jahren 1187 bis 1202 wird er erwiesenen Reichsfürsten, wie den Herzogen von Baiern und Kärnthen, den Markgrafen von Brandenburg, Meissen und Lausitz[11], 1194 des Kaisers Bruder Philipp vorgestellt[12], 1200 mit andern Fürsten durch einen Probst von den Magnaten getrennt[13], während erweisliche Magnaten nie den Vorrang vor ihm behaupten.

138 Der Herzog von Braunschweig wurde 1235 ausdrücklich zum Fürsten erhoben; es sollten demnach bis dahin die Zeichen fürstlicher Würde bei ihm fehlen. Die Stellung, welche die Welfen seit dem

  1. UB. d. L. ob d. Enns 2, 383.
  2. Vgl. § 28 n. 9.
  3. Vgl. § 32 n. 10.
  4. Meiller 69.
  5. C. d. Mor. 3, 339.
  6. Vgl. § 50 n. 7.
  7. Vgl. § 129 n. 2.
  8. M. B. 30, 47. 50.
  9. Vgl. § 116 n. 10. vgl. auch n. 8.
  10. Dunod 2, 601. Die Urk. von 1207 bei Chevalier 1, 335 gehört nach 1227.
  11. Meiller 64. 68. 86. Ludew. rel. 11, 591.
  12. M. B 29, 483.
  13. M. Zoll. 1, 27.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_216.jpg&oldid=- (Version vom 6.5.2018)