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von Göttern angedichtet. Alsdann beredeten sie die Staaten, den gutartigeren unter ihnen Opfer darzubringen. 249 Daraus aber erwuchs den Bürgern die arge Verlegenheit, dass sie nur einen Teil der Götter für Spender des Guten halten konnten, während sie die anderen als Unheilbringer bezeichnen mussten. Die letzteren suchen sie sich deshalb wie die schlimmsten Menschen durch Gaben und Geschenke vom Halse zu halten, indem sie sich grossen Unheils von ihnen versehen, wenn sie ihnen den schuldigen Tribut nicht entrichten.

(35.) 250 Was ist nun die Ursache dieser Verkehrtheit und des fehlerhaften Verhaltens gegen die Gottheit? Meines Erachtens der Umstand, dass die Gesetzgeber weder den richtigen Begriff vom Wesen Gottes hatten noch auch die Gotteserkenntnis, soweit sie ihnen erreichbar war, als Ausgangspunkt benutzten, von welchem aus sie dem Gemeinwesen seine sonstige Ordnung hätten geben können, dass sie vielmehr die ganze Angelegenheit, als wäre sie höchst unwichtig, den Dichtern und Rednern überliessen. 251 Die ersteren führten dann Götter ein, welche sie wollten, selbst solche, die allen möglichen Leiden unterworfen waren, während die Redner das Volk zu Beschlüssen verleiteten, die fremden Göttern das Heimatrecht im Staate verschafften. 252 Reichlichen Gebrauch von der Freiheit, welche die Griechen ihnen in diesem Punkte liessen, haben auch die Maler und Bildhauer gemacht, indem jeder von ihnen irgend eine Gestalt ersann, die dann der eine in Thon, der andere in einem Gemälde wiedergab; die am meisten bewunderten Künstler freilich benutzten als Stoff für ihre stets neuen Darstellungen Elfenbein und Gold. 253 Nach und nach sind sodann die Götter, welche früher in hohen Ehren standen, veraltet, 254 und auf andere, neu eingeführte hat man die jenen gezollte Verehrung übertragen. Ebenso steht ein Teil der alten Tempel jetzt leer, während andere ganz nach Willkür neu erbaut wurden. Und doch sollte man im Gegenteil die Ansichten über Gott und seine Verehrung unabänderlich festhalten.

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Des Flavius Josephus Selbstbiographie, Gegen Apion. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1900, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosApionVitaMakkGermanClementz.djvu/189&oldid=- (Version vom 4.8.2020)