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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

„Willkommen, willkommen in Kronenthal, alter Freund! Gott segne Ihren Einzug, Fräulein Schenkendorff, meine Frau erwartet Sie schon sehnsüchtig.“

Die Männer umarmten sich. „Hier das kleine Kroppzeug, Else und Marthchen – na, nur herein meine Herrschaften!“

Die kleinen Mädchen knixten immerfort und griffen zutrau­lich nach Claires Händen. Es waren zartgebaute, feingliedrige Kinder mit langen blonden offenen Haaren, etwa acht und zehn Jahre alt.

Claire streichelte und küßte sie. Man trat in das wohnliche erleuchtete Vorhaus. An die Saaltür trat eine große, schön ge­wachsene Frau, sie hielt eine Lampe in der Hand.

„Willkommen in Kronenthal!“ sagte sie freundlich. „Ich hoffe, die Herrschaften hat nicht gefroren!“ Ein forschender Blick aus den dunklen braunen Augen ruhte voll auf dem jungen Mädchen. Sie schüttelte Claire die Hand.

Ernst Philippi beugte sich über die weiße große Hand. „Fräulein Schenkendorff hat mit Selbstaufopferung für meine Wärme gesorgt. Ich mußte mich durchaus in ihren Plaid hüllen.“

„Ich hoffe, Sie werden sich bei uns wohl fühlen, Fräulein Schenkendorff,“ sagte die Pastorin, und reichte Claire wieder die Hand. „Ich mache nie Phrasen, müssen Sie wissen,“ fügte sie lächelnd hinzu.

Gefesselt blickte Claire die Hausfrau an. Sie hatte einen eigentümlichen Kopf. Kurz gehaltene dunkle Haare fielen wellig

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)