Oberstaatsanwalt: Wenn von den Beschuldigungen des Angeklagten auch nur ein ganz kleiner Teil wahr wäre, dann würde für mich die Notwendigkeit vorliegen, den Antrag auf Ausschluß der Öffentlichkeit zu stellen. Allein, ohne der mündlichen Verhandlung vorzugreifen, bin ich in der Lage, mitzuteilen, daß nach den Ergebnissen der Voruntersuchung alle Behauptungen des Angeklagten auf Erfindung beruhen. Es ist in der Voruntersuchung festgestellt worden, daß die von der Löweschen Fabrik für die deutsche Armee gelieferten Gewehre weder kriegsuntüchtig noch minderwertig waren, noch daß irgendeine hoch- oder landesverräterische Handlung von den Leitern der Löweschen Fabrik oder einem Beamten begangen worden ist. Ich begrüße es daher mit Freuden, daß ich keine Veranlassung habe, den Ausschluß der Öffentlichkeit zu beantragen, im Gegenteil, ich begrüße es als eine willkommene Gelegenheit, daß die Sache hier vor voller Öffentlichkeit klargestellt werden kann. – Ahlwardt hielt alle seine Behauptungen aufrecht und berief sich auf eine Reihe von ihm geladener Zeugen. Er bemerkte ferner: er habe zunächst Strafanzeige erstattet. Da er aber abschläglich beschieden worden sei, habe er die Broschüre geschrieben. Vor dem Erscheinen der Broschüre habe er sich aufs Polizeipräsidium begeben. Es sei ihm aber gesagt worden, der Polizeipräsident sei nicht zu sprechen, er solle sich an dessen Vertreter, den Geheimen Oberregierungsrat Friedheim wenden. Da er jedoch in Geheimrat Friedheim einen Juden, zum mindesten einen jüdischen Abkömmling, vermutete, habe er den Rittergutsbesitzer v. Langen gebeten, beim Polizeipräsidenten v. Richthofen vorzusprechen. Herr v. Langen sei auch vom Polizeipräsidenten empfangen worden. Letzterer habe aber Herrn v. Langen bedeutet: das sei nicht seine Sache, er solle sich an das Kriegsministerium wenden. Der Polizeipräsident habe, als er sich das Titelblatt der Broschüre ansah, gesagt: „Aha, von Ahlwardt. Was der schreibt, ist von vornherein unglaubwürdig.“
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/149&oldid=- (Version vom 31.7.2018)