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des Verzagten (2. Kor. 2, 6–11), überhaupt einer des anderen (Hebr. 10, 24–25). Die Mittel sind das Wort (in Belehrung, Zurechtweisung, Ermahnung, Tröstung), Fürbitte, Beispiel.

 Das allgemeine, allen naheliegende und von allen zu gebrauchende Mittel aber, andere zu erbauen, ist die Pflege der heiligen Gemeinschaft, wie sie der gemeinsame (öffentliche und häusliche) Gottesdienst gewährt, fleißiger und andächtiger Besuch desselben, fleißiger und andächtiger Gebrauch der Gnadenmittel, des Worts, des Sakraments, fleißige und andächtige Fürbitte, möglichst reichliche und freudige Opfer für Zwecke des Reiches Gottes und für die Armen. Dieser Vorgang erbaut die Brüder und fördert sie und ihre Gemeinschaft. Was die Draußenstehenden betrifft (die auch Nächste sind), so gilt es, das Möglichste zu thun durch Zeugnis, Opfer an Gaben und Fürbitte, um sie auch des Segens der christlichen Gemeinschaft teilhaftig zu machen (Mission unter den Juden, Muhammedanern, Heiden, Christen, die in Gefahr des kirchlichen Verfalls und Abfalls stehen). – Sünde: Separatismus, ein Auswuchs des religiösen Lebens; das falsche Richten; Ärgernis geben durch rücksichtslosen Gebrauch der christlichen Freiheit.

 b. Es handelt sich beim Nächsten ferner um seinen Leib und um sein leibliches Wohlsein. Dieses muß untergeordnet sein unter das geistliche Wohl und kann nie als Selbstzweck hervortreten. Es ist hier in Betracht zu ziehen die Pflege des leiblichen Lebens und die Zucht desselben. Hier kommt das leibliche Leben des Nächsten in Betracht, welches Gott durch sein Gebot gegen jede Beraubung, Verletzung und Beschädigung gesichert hat als das teuerste Gut des Menschen hienieden nach der Seele und als Bedingung seines ganzen geist-leiblichen Daseins. Schonung von Leib und Leben beim Nächsten ist heilige Pflicht, also ist alles zu vermeiden, was Leib und Leben des Nächsten auf irgend eine Weise verletzen oder schädigen könnte. Nicht allein aber das, sondern die Liebe fordert nach dem Vorgang des Samariters, daß man ihm helfe und fördere in allen Leibesnöten, Luk. 10, 33, cf. Löhe über Barmherzigkeit. Hier hat die Barmherzigkeit ihr Werk, die sich an Kranken, Elenden, Gefangenen, Sterbenden etc. hilfreich und tröstend erweist, Jes. 58; Luk. 6, 36; Matth. 25, 35. Die Versäumnis dieser Werke ist Unbarmherzigkeit, welche bei den gebildeten Heiden zu Tage tritt gegen Sklaven, Alte, Hilfsbedürftige, die man ihrem Schicksal überließ oder sie geradezu umbrachte (Tiberinsel in Rom), und welcher ein unbarmherziges Gottesgericht gedroht