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und die im Durchschnitt die glücklichsten werden. Die Neigung wächst und wird verklärt in einer glücklichen Ehe mit den Jahren.

 Endlich ist auch das rechte Motiv zu beachten. Bei einer Heirat steht die Person im Vordergrund, nicht Stand, angesehene Verwandtschaft, Vermögen. Namentlich fallen Geldheiraten und solche, bei denen der Stand oder der Bildungsgrad nicht paßt, gar oft schlecht aus. – Sehr zu widerraten sind Heiraten in zu frühen Jahren oder bei zu großer Altersverschiedenheit, oder wenn der Nahrungsstand nicht genug gesichert ist.

 d. Ist die Wahl getroffen und der Entschluß gereift, so soll das Verlöbnis folgen, welches eine feierliche, öffentliche Kundgebung vor Zeugen ist, daß die Verbindung geschlossen ist. Häufig ist damit ein förmlicher Ehekontrakt verbunden, namentlich was die beiderseitigen Vermögensverhältnisse betrifft. Bei den Alten war die löbliche Sitte, daß bei den Verlöbnissen der Pfarrer gegenwärtig war, der den Neuverlobten seinen Segen gab. Das Verlöbnis hat bindende Kraft und gilt vor Gott und Menschen wie die Ehe, nur mit dem Unterschied, daß das Verlöbnis noch lösbar ist. Es einseitig zu lösen, ohne besondere Verschuldung des andern Teils, ist Sünde und hat eine schwere Verantwortung. Es ist nicht bloß Wortbruch, sondern gewissermaßen Ehebruch, verächtliche Untreue. Doch kann manche unglückliche Ehe verhindert werden durch Auflösung des Verlöbnisses, welche statthaft ist, wenn beide Teile freiwillig und aus Überzeugung von der Unzweckmäßigkeit ihrer Verbindung sich ihr Wort zurückgeben. So war es je und je lutherische Praxis mit der Verlobung. Ist eine Jungfrau durch einen jungen Mann zu Schanden geworden, so ist er nach dem göttlichen Wort Exod. 22, 16 doppelt verbunden, sie durch die Ehe wieder zu Ehren zu bringen. In diesem Falle sich mit einer andern zu verheiraten und vorhandene Kinder mit Geld abzufinden, wie es häufig von der ländlichen Bevölkerung geschieht, ist Ehebruch und sonst eine schändliche Handlungsweise. (Doch soll nicht außer acht gelassen sein, daß im Alten Testamente dem Manne mehr als eine Frau gestattet war, die Verhältnisse also nicht die gleichen sind.) Frühzeitige Verlobung und ein lang andauernder Brautstand sind aus naheliegenden Gründen zu widerraten.

 Die kirchliche Trauung ist die Schwelle, durch welche der Christ in den Ehestand eintritt; denn hier legt er sein feierliches Versprechen vor Gott und der Gemeinde ab und empfängt darauf neben