Nacht einhüllenden Dunkel feierlich erglänzen. Der Ausdruck der beiden, fast lebensgrossen Gestalten ist voll tiefster Empfindung, besonders schön der still fromme Ausdruck in den Zügen und der Geberde der Gattin Manoahs. – Das Bild stammt aus der reifsten Zeit der Mannesjahre des Meisters; es ist 1641 gemalt und steht in der Breite der Behandlung und in der glühenden Farbenkraft dem ein Jahr später entstandenen weltberühmten Gemälde der sogenannten Nachtwache ganz nahe.
Ein anderes Hauptwerk derselben Periode ist die Hochzeit Simsons (vom Jahre 1638), eines der malerisch reizvollsten Bilder Rembrandts und in der eigentümlichen Mischung von Realismus und phantastischer Romantik eines der originellsten. (S. die Abbildung.) Für das Kostümliche hat hier Rembrandt aus seiner reichen Sammlung von pittoresken Gewändern, Stoffen und Schmucksachen aller Art offenbar besonders kostbare Stücke als Muster benutzt. Vor einem prächtigen Teppich, der an der Wand des Hintergrunds ausgespannt ist, sitzt in der Mitte der Hochzeitsgesellschaft an der reich ausgestatteten Tafel die Braut Simsons, die Tochter des Timnithers, in einem glänzenden weissseidenen Kleid, geschmückt mit einer goldenen Krone, mit einem Stirnband von Perlen, mit Perlenschnüren am Hals, mit einer breiten Kette von Gold und Edelsteinen über der Brust. Vorn neben ihr Simson, der den Philistern das Rätsel aufgiebt, in einem weiten, mit Goldstickerei verbrämten Gewand; die Hochzeitsgäste umher in den mannigfachsten phantastischen Kostümen, mit barettartigen Mützen oder federgeschmückten Turbanen, der vorderste an der Tafel mit einem Dolch am Gürtel. Alle haben ganz porträthaftes Aussehen, es sind lauter holländische, zum Teil ausgeprägt bäuerliche Physiognomien.
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/102&oldid=- (Version vom 27.12.2024)