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Seite:Gemäldegalerie Alte Meister (Dresden) Galeriewerk Lücke.djvu/111

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Nic. Poussin: Ruhende Venus

bisweilen in der Feinheit des Tons und der Charakteristik ziemlich nahe gekommen; aus seiner besten Zeit stammt das als Vollbild wiedergegebne Gemälde (vom Jahre 1666): eine anmutige junge Dame, die den Gesang eines Herrn auf dem Klavier begleitet, während eine zweite Dame träumerisch zuhört; der Hintergrund des hohen säulengeschmückten Saales ist in ein feingestimmtes Helldunkel gehüllt. Sehr ansprechend ist auch das im Text wiedergegebne Bildchen des Meisters, der Briefschreiber, der im Begriff sein Schreiben zu beginnen oder im Schreiben einen Moment innehaltend, mit in die Ferne gerichtetem Blick den Kopf sinnend in die Linke stützt.

Reicher als jeder andere holländische Meister des 17. Jahrhunderts ist in der dresdner Galerie Philips Wouwerman vertreten, der vor allem durch seine Jagd- und Soldatenstücke berühmte Meister von Haarlem (1619–1668). Ein besonderes Interesse hat die Mehrzahl dieser sittenbildlichen Schilderungen durch die entschiedne Betonung und sehr feine Behandlung des Landschaftlichen; der landschaftliche und der figürliche Teil sind fast immer von gleicher Bedeutung und zu einem vollen Einklang verbunden. Von den zweiundsechzig Gemälden, die die dresdner Galerie von Wouwermans Hand besitzt, sind zwei der vorzüglichsten hier wiedergegeben: das eine schildert eine Hirschjagd am Fluss, vornehme Jäger und Jägerinnen, von denen die einen durchs Wasser, die andern auf dem Ufer, wo die Hunde das verfolgte Wild eben gestellt haben, in vollem Laufe heransprengen; rechts ist der Vordergrund mit zahlreichen Nebenfiguren belebt. Eine frische Morgenstimmung, eine klare, silberig schimmernde Atmosphäre liegt über dem Ganzen. – Das andre Bild, der Pferdestall, auch ein Hauptwerk des Meisters, zeigt ein scheunenartiges, nach zwei Seiten offenes Gebäude mit einer Gruppe von Reitern. Malerisch reizend ist vor allem das Helldunkel im Innern des Raumes in seinem Gegensatz zu dem von aussen hereindringenden warmen Sonnenlicht. Unter den meisterhaft gezeichneten Pferden fehlt auch hier der bekannte Schimmel nicht; Wouwerman pflegte ihn aus malerischen Gründen an den am stärksten beleuchteten Stellen fast in allen seinen Bildern anzubringen, so dass er sich gewissermassen wie ein künstlerisches Kennzeichen seiner Werke ausnimmt.

In der leidener Schule traten neben Gerard Dou als die bedeutendsten Genremaler Gabriel Metsu und Frans van Mieris d. ä. auf. Die Richtigkeit der Annahme, dass Metsu (1630–1667) ein Schüler Dous gewesen, ist in neuerer Zeit bezweifelt worden;[1] jedenfalls hat Dou, wenn er sein Lehrer war, nicht nachhaltig auf ihn eingewirkt. Metsu steht in seiner ganzen Art Terborch und Rembrandt, von dem er nach seiner Übersiedlung nach Amsterdam (1650) auch unmittelbar beeinflusst wurde, weit näher, als dem leidner Meister der Fein- und Kleinmalerei. In der Farbe ist er in seinen Hauptwerken


  1. Von W. Bode, Studien zur Gesch. der holl. Malerei, S. 190–193.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/111&oldid=- (Version vom 27.12.2024)