durchweg bei aller Zartheit der Tönung frischer, reicher und kräftiger; in der Einzelbehandlung höchst eingehend und sorgfältig, bleibt er von dem kleinlichen Zuge doch gänzlich frei, der sich bei Dou so vielfach geltend macht; in der Individualisierung der Gestalten, in der Lebendigkeit und Feinheit des Ausdrucks ist er ihm entschieden überlegen. Das eine der hier wiedergegebnen Gemälde Metsus ist der berühmte „Geflügelverkäufer“ (von 1662). Den Hintergrund der Szene bildet das dunkle Gemäuer eines hohen Kirchenbaues, rechts in der Ferne, in feingrauen Duft gehüllt, die Amsterdamer
Gracht. Die beiden Personen, die über das einfache Kaufgeschäft mit einander verhandeln, der alte weissbärtige Verkäufer und die vornehme Käuferin, sind so meisterlich individualisiert, dass sie schon an sich, jede für sich das Interesse fesseln. An farbiger Frische und Feinheit gehört das Bild zu den Juwelen der holländischen Genrekunst. – Von besonders intimem Reiz ist das andre Gemälde des Meisters: eine Dame in ihrem lauschigen Zimmer, mit einem Klöppelkissen auf dem Schoos. Indem sie die Hände einen Augenblick ruhen lässt, schaut sie, den Kopf leicht zur Seite gewendet, mit den gutherzigen Augen leise lächelnd vor sich hin; eine angenehme Erinnerung scheint ihr plötzlich
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/112&oldid=- (Version vom 27.12.2024)