ausserordentlicher, minutiöser Sorgfalt. Nach Morellis (Lermolieffs) Ansicht ist das Bild die Arbeit eines Niederländers, dem ein Werk Lorenzos oder eine Zeichnung Verrocchios als Vorbild diente, vielleicht eben jene Zeichnung des dresdner Kupferstich-Kabinets, die Morelli anfangs auch Lionardo, später Verrocchio zuschrieb.[1] Zweifellos ist auf alle Fälle, dass das Bild mit der Schule Verrocchios in unmittelbarem Zusammenhang steht. Ausser dem Madonnentypus ist es namentlich die plastische Art der Formenbehandlung, die auf die Schule Verrocchios hinweist, des grossen Bronzebildners, der auch in seinen Malerwerken die Hand des Bildhauers nicht verkennen lässt.
In zwei anderen Bildern der Galerie ist die Art Lorenzo di Credis, wie sie den Werken seiner späteren Zeit eigen ist, auf das bestimmteste ausgeprägt. Obwohl Lorenzo bis weit in das 16. Jahrhundert hinein thätig war – er starb erst 1537 –, so blieb er in seiner künstlerischen Anschauungsweise doch im wesentlichen Quattrocentist. Von seinem grossen Mitschüler in der Werkstatt Verrocchios, von Lionardo da Vinci, der alle Befangenheiten des Quattrocento zuerst völlig überwand, erscheint er nur in beschränkter Weise beeinflusst, am meisten in gewissen Typen seiner späteren Werke, vielleicht auch in der Art der farbigen Behandlung, in der feinen Verschmelzung der Farben, die er bisweilen bis zu einer übermässigen Verglättung trieb. Eine grosse Zartheit und Weichheit der Empfindung ist
- ↑ Lermolieff, die Werke italienischer Meister in der Münchner, Dresdner und Berliner Galerie, 1880, S. 252; 2. Aufl.: kunstkritische Studien, II, 1891, S. 341.
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/23&oldid=- (Version vom 26.12.2024)