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Seite:Gemäldegalerie Alte Meister (Dresden) Galeriewerk Lücke.djvu/27

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und zugleich auch von den Florentinern unterscheidet, ist vor allem ein eigenartig entwickeltes Farbengefühl, die starke Betonung der farbigen Wirkung. Die Freude an einem mannigfaltigen, reich glänzenden Kolorit spricht sich bei Francesco Cossa und Cosma Tura mit besonderer Stärke und Lebhaftigkeit aus; der etwas jüngere Ercole Roberti, der vermutlich ein Schüler Turas war, ging schon vielfach, zum Teil ohne Zweifel unter dem Einfluss venezianischer Meister, auf eine feinere Tönung der Farbe aus.

Sebastiane del Piombo: Christus, sein Kreuz tragend

Das Gemälde Francesco Cossas in der dresdner Galerie, die Verkündigung (s. die Abbildung im Text), ist ein Prachtstück ferraresischer Kunst. Es ist mit der ganzen Gediegenheit, mit der ganzen Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt eines Quattrocento-Meisters durchgeführt, die Plastik der Figuren ist von paduanischer Strenge, echt ferraresisch aber ist das leuchtende Kolorit, das in dem reich gestalteten architektonischen Hintergrund mit den buntfarbigen Marmorsäulen und Pilastern einen fast edelsteinartigen Glanz hat.[1]

Die beiden dresdner Gemälde von Ercole Roberti (die Gefangennahme Christi und der Zug nach Golgatha) bildeten ursprünglich, mit einem dritten als Mittelstück, die Predella einer Altartafel in S. Giovanni in Bologna; das Mittelstück, eine Pietà, befindet sich jetzt in der Royal Institution in Liverpool. Jene zwei Gemälde, von denen der Zug nach Golgatha in unserem Werke wiedergegeben ist, unterscheiden sich in der farbigen Haltung sehr wesentlich von der Art des Francesco Cossa und Cosma Tura; die Lokalfarben, die von diesen aufs bestimmteste accentuirt werden, erscheinen hier auffällig gedämpft, einem Gesamtton untergeordnet, namentlich in dem Zug nach Golgatha, durch dessen ganze Färbung ein eigentümlich ernster, dunkel gestimmter Grundton hindurchgeht. Die Formengebung ist


  1. Als ein Werk der ferraresischen Schule wurde das Bild, das man früher dem Mantegna, dann dem Florentiner Ant. Pollajuolo zugeschrieben hatte, zuerst von Crowe und Cavalcaselle erkannt (Geschichte der italienischen Malerei, deutsche Ausgabe, V. 563); von Morelli wurde es mit überzeugenden Gründen dem Fr. Cossa zugewiesen (a. a. O. S. 129, 2. Aufl. S. 172). S. auch Wörmanns Katalog der dresdner Galerie, 2. Aufl. S. 40, über die ferraresische Schule Wilh. Bode, Die Gemäldegalerie der königl. Museen in Berlin, Lief. VII.
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Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/27&oldid=- (Version vom 26.12.2024)