der venezianischen Malerei begann, Gentile und der noch weit bedeutendere Giovanni Bellini sind in der Galerie nicht vertreten. Die wichtigsten Bilder der venezianischen Frührenaissance sind hier die Werke des Antonello da Messina und des Cima da Conegliano.
Seit dem glänzenden Aufschwung, den die Malerei in den Niederlanden zu Anfang des 15. Jahrhunderts genommen hatte, waren niederländische Bilder in beträchtlicher Zahl nach Italien gekommen. Man bewunderte hier diese Erzeugnisse des fernen Nordens vor allem wegen ihres eigenartigen Farbenreizes, der zum nicht geringsten Teile auf einer neuen malerischen Technik beruhte. Geraume Zeit blieb diese neue Malweise, die Oeltechnik in der glänzenden Vervollkommnung, die sie durch die Van Eycks erhalten hatte, den Italienern ein Geheimnis. Einer der ersten Italiener, die sich die Kenntnis der eyckschen Technik erwarben, war Antonello da Messina. Die bekannte Erzählung, er sei nach den Niederlanden gereist, um die neue Malweise dort zu studiren, ist keineswegs unbedingt glaubwürdig. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts ward Italien nicht selten von niederländischen Malern besucht; vielleicht hat Antonello das neue Verfahren bei einem dieser Niederländer erlernt. Auf jeden Fall aber gehört ihm das Verdienst, dass er die eycksche Technik in Venedig, wo er sich um 1473 niederliess, einführte und die alte Temperatechnik hier verdrängte; in der Entwicklungsgeschichte der venezianischen Malerei war er dadurch von hervorragender Bedeutung. Schon vorher hatten die Bellini, die anfangs hauptsächlich von der paduaner Schule abhängig waren, eine entschiedene Richtung aufs Koloristische genommen; namentlich in den Bildern Giovanni Bellinis hatte sich schon früher ein starkes Farbengefühl ganz eigener Art angekündigt. Aber erst seit der Anwendung der eyckschen Technik, die eine Feinheit der Farbenverschmelzung und eine Tiefe und Wärme des Farbentones ermöglichte, die der Temperamalerei bisher nicht erreichbar war, kam das koloristische Naturell der Bellini zu einer höheren Entwicklung. In der eyckschen Technik waren die Mittel geboten, mit denen die venezianische Malerei der folgenden Zeit zu einer höchsten Ausbildung des Farben-Elementes gelangte, zu jener glanzvollen, durchaus eigenartigen koloristischen Schönheit, die man schlechthin venezianisch nennt.
Besonders ausgezeichnet war Antonello als Bildnissmaler; von seinen Porträts gehören mehrere zu den vorzüglichsten und berühmtesten Leistungen der damaligen italienischen Malerei. Unter der verhältnissmässig geringen Zahl seiner religiösen Darstellungen ist eine der interessantesten der heilige Sebastian in der dresdner Galerie (s. die Abbildung), ein Werk aus Antonellos späterer Zeit, wo er von den Bellini ersichtlich beeinflusst wurde. Wie fast bei allen anderen Schilderungen des heiligen Sebastian, die wir aus der italienischen Renaissancezeit kennen, war es auch hier vor allem auf die Darstellung einer schönen nackten Jünglingsgestalt abgesehn. Bei der Darstellung dieses Heiligen, den man den Apollo der christlichen Kunst genannt hat, war die Begeisterung für nackte Jugendschönheit immer grösser, als die Begeisterung für den Märtyrer. – Etwas seltsames haben in dem Bild Antonellos die in kleinstem Massstab gehaltenen Figuren des Hintergrunds. Sie erscheinen wie eine fast gleichgiltige Zuthat; der eine in merkwürdiger Verkürzung gezeichnete Wächter, der links am Boden liegt, ist sogar schlafend dargestellt.
Cima da Conegliano gehört neben Giovanni Bellini, dessen Schüler er war, zu den bedeutendsten Vertretern des venezianischen Quattrocento. Ein von jeher besonders hochgeschätztes Werk dieses
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/29&oldid=- (Version vom 26.12.2024)