es mit den glänzenden Mitteln einer vollendeten Kunst zu voller Wirkung brachte. Das Licht in dem Bilde Correggios ist die eigentliche Seele des Bildes. Es hat einen Ton von eigenartigem, magischem Glanze. Diese heilige Nacht, bemerkt Julius Meyer, „gehört keineswegs zu den sogenannten Nachtstücken; seine Lichtwirkung hat nichts gemein mit den Effekten von Lampen- oder Kerzenlicht, wie sie bei den späteren Italienern und bei den Holländern öfters vorkommen; das Licht, das von dem Neugebornen ausgeht, ist mit seinem weisslichen Glanze wie das Licht aus einer Zauber- oder Idealwelt “ [1]. Die Idealität dieser Lichtwirkung, kann man sagen, wird um so stärker fühlbar, je entschiedener die Nebenfiguren, die zunächst von dem Glanze getroffen werden, die Figuren der Hirten, realistischen Charakter haben. Auffällig ist allerdings, und man wird es sogar als einen inneren Mangel der Darstellung empfinden können, dass sich in eben diesen Figuren keine tiefere seelische Bewegung ausspricht. Sie drücken eigentlich nichts weiter als staunende Überraschung aus, sie scheinen von dem Lichtglanz nur physisch berührt, die Magd hält die Hand vors Gesicht, um sich vor dem blendenden Licht zu schützen. Bewunderungswürdig schön auch im Ausdruck und von zartestem Liebreiz ist die Madonna, deren Antlitz über dem strahlenden Kind so mild aus den Schatten der Nacht herausglänzt.
Das dritte Altarbild, die Madonna mit dem heiligen Georg, ist eines der spätesten Werke Correggios. Er malte es für die Kirche S. Pietro Martire in Modena, wahrscheinlich in den Jahren 1531 oder 1532 (nach Pungileoni, Memorie istoriche di Ant. Allegri, Parma 1817). In der äusseren Anordnung erinnert das Bild wieder mehr an die Kompositionsart älterer Andachtsgemälde; aber die innere Abwendung von dem Ernst der
früheren kirchlichen Auffassung macht sich nur um so entschiedener geltend. Unter dem Rundbogen einer reich ornamentierten Kapelle, durch den ein helles Stück Landschaft hereinblickt, ist Maria thronend dargestellt, in ziemlich starker Verkürzung aus der Ansicht von unten; das Christuskind auf ihrem Schooss streckt mit grosser Lebhaftigkeit beide Ärmchen aus, indem es, wie nach einem schönen Spielzeug, nach dem Kirchenmodell verlangt, das der heilige Geminian einem Engelknaben eben von der Schulter nimmt; vor dem Heiligen ganz im Vordergrund in einem lose umgeschlungenen, nur wenig verhüllenden Gewand der jugendliche Johannes der Täufer, ihm gegenüber auf der rechten Seite der heilige Georg in prächtiger Rüstung, der den einen Fuss auf den Kopf des erschlagenen Drachen setzt; hinter ihm, der Madonna zugekehrt, Petrus Martyr im Mönchskleid; in der Mitte des Vordergrundes muntere Engelknaben, die sich
- ↑ Julius Meyer, Künstler-Lexikon I, 397.
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/53&oldid=- (Version vom 27.12.2024)