mit dem Helm und den Waffen des heil. Georg zu schaffen machen. Die Komposition ist im Ganzen, in ihrem festlich heiteren Charakter von glänzender Wirkung; aber schwerlich wird man leugnen können, dass dieser Glanz etwas äusserliches hat. Von dem warmen Hauche erregten inneren Lebens, das in der Madonna des heil. Sebastian die Hauptgestalten beseelt, wird man hier nur wenig empfinden. Die beiden Figuren, die hier im Vordergrund den Blick am meisten auf sich ziehen, der heil. Georg und Johannes der Täufer, sind nicht eben vielsagend im Ausdruck; sie sind von einer beinahe kalten, konventionellen, fast leeren Schönheit. Auch der Kopf des heil. Geminian ist wenig bedeutend; für die Darstellung ausdrucksvoller Mannesschönheit war der weiblich empfindende Correggio überhaupt nur wenig befähigt. Ganz reizend sind auch hier die Kindergestalten, besonders die Putten, die vorn in harmloser Naivetät mit den Waffen spielen, anmutig die mädchenhafte Madonna, am sprechendsten, aber etwas sentimental, der Kopf des Petrus Martyr. Das Kolorit des Bildes hat in Folge von Restaurationen eine gewisse Glätte erhalten und von seiner ursprünglichen harmonischen Wirkung wohl manches eingebüsst; der prachtvolle Reichtum seiner Töne strahlt aber noch immer in sieghaftem Glanze.
Zugleich mit den vier Altarbildern Correggios wurde aus der modeneser Sammlung für Dresden ein kleines Gemälde angekauft, das damals und bis in die neueste Zeit für eines der kostbarsten Originalwerke des Meisters galt, die büssende Magdalena. (S. d. Abb. im Text.) In Modena wurde das als Kleinod gehütete Werk, wie in der Reisebeschreibung des Herrn von Blainville zu lesen ist, nur „mit feierlichem Pomp gezeigt“. In Dresden reizte das Bild und vielleicht ebenso sehr der reich mit Edelsteinen besetzte silberne Rahmen, in dem es war erworben worden, die Gier eines Diebes; es ward 1788 aus der dresdner Galerie entwendet, bald darauf aber wiedererlangt; der Rahmen befindet sich seitdem in dem dresdner „grünen Gewölbe“. Begreiflicherweise war nun das Aufsehn nicht gering, als Morelli mit der Behauptung hervortrat, dass dieses hochgepriesene Bild nicht von der Hand Correggios herrühre, dass es auch keine italienische Arbeit sei, sondern die Arbeit eines niederländischen, dem Adriaen van der Werff nahe stehenden Malers, und zwar die Kopie eines aus der Schule der Carracci herstammenden Gemäldes[1]. Gegen die Urheberschaft Correggios spreche bei dem dresdner Bild zunächst schon der Umstand, dass es auf Kupfer gemalt ist; die Benutzung dieses Materials sei in der italienischen Malerei zu Correggios Zeit noch nirgends üblich gewesen; dann aber habe die ganze Malweise und die Formengebung (namentlich die Form der Finger mit den langen, auf dem Schnitte scharf beleuchteten Nägeln) nichts von der Weise Correggios; an die Manier van der Werffs erinnere die glatte Art der Behandlung und besonders das schillernde, grelle Ultramarin des Mantels der Magdalena. Endlich könne auch das Original dieser „koketten, auf sinnlichen Reiz berechneten “ Gestalt nicht Correggio angehören, überhaupt nicht der italienischen Malerei der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts; der Typus der Magdalena habe „etwas sehr Carracceskes an sich“. – Dass unser weltberühmtes Bild nicht ein Originalwerk Correggios ist, darin wird man der Ansicht Morellis, wie das von Julius Meyer, der die Echtheit des Bildes früher nicht bezweifelte, und auch von Wörmann geschehen ist, zustimmen müssen[2]. Anders jedoch steht es mit der Behauptung, dass das Bild von einem Niederländer in der Art van der Werffs gemalt sei und dass das Original nicht von Correggio herrühren könne. Die eigensten Feinheiten der Farbe Correggios fehlen dem dresdner Bilde, aber mit der Art van der Werffs
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/54&oldid=- (Version vom 27.12.2024)