Zum Inhalt springen

Seite:Gemäldegalerie Alte Meister (Dresden) Galeriewerk Lücke.djvu/67

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

ausgesprochen. – Das Gemälde ist ein dreiteiliger Flügelaltar (s. d. Abb.). Das Mittelstück zeigt vorn auf der breiten Brüstung eines Fensters, durch das man in das Wohngemach der hl. Familie hineinblickt, das schlafende Christuskind, hinter ihm die Madonna, die sich mit betend gefalteten Händen zu dem Kinde herabbeugt; rechts neben ihr steht ein Pult mit einem aufgeschlagenen Gebetbuche. Ein Engelknabe von winziger Gestalt zu Häupten des Kindes wehrt ihm mit einem Wedel die Fliegen ab, zwei andere sind im Mittelgrunde des Gemachs mit häuslicher Arbeit beschäftigt; der eine besprengt den Fussboden mit Wasser, der andere führt den Besen; sie spielen hier die Rolle jener hilfreichen Hausgeister des deutschen Märchens, der Heinzelmännchen, an die sie auch durch ihre zwergartige Kleinheit erinnern können.

Lukas Cranach der jüngere: Kurfürst Moritz von Sachsen

Im Hintergrund links öffnet sich eine Thür nach der Zimmermannswerkstatt, wo Joseph an der Hobelbank arbeitet; ein Engelbübchen macht sich auch hierzu schaffen. Das grosse Fenster rechts im Hintergrund gewährt einen Ausblick auf einen freien, von Häusern, Bäumen und einem Stadtthor umgebenen Platz, offenbar ein Stück Nürnberg. Von den Engelkindern, die über der Madonna schweben, halten zwei eine reich mit Perlen besetzte Krone, während andere Räucherfässer schwingen. – Die Härte, die der Formenbehandlung noch eigen ist, zeigt sich am auffälligsten im Körper des Christuskindes. Die Madonna hat noch nicht den lebendig beseelten Ausdruck späterer Madonnengestalten des Meisters. Aber in der volkstümlichen Art, wie das Ganze aufgefasst, besonders in der anheimelnden Art, wie die deutsche Häuslichkeit der heiligen Familie geschildert ist, hat das Bild echt dürerschen Charakter; eine deutsche heilige Familie ist dargestellt. Dieselbe volkstümlich poetische Empfindung liegt dem Bilde zu Grunde, aus der heraus Dürer später das köstliche Idyll seines „Marienlebens“ geschaffen hat.

Das Mittelstück dieses „dresdner Altars“ ist wahrscheinlich früher gemalt, als die beiden Flügelbilder, die an künstlerischer Bedeutung jenem entschieden überlegen sind. Auf dem rechten Flügel

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/67&oldid=- (Version vom 27.12.2024)