Bildersprache zu reden, die Theorie der treue, aber leblose Spiegel, der die Wahrheit stumm zurückwirft, aber ohne belebendes Object todt bleibt, so nenn’ ich die Phantasie die Seherin mit dem verbundenen Auge, der nichts verschlossen ist und die in ihren Irrthümern oft am reizendsten erscheint. — Was sagt ihr aber, Meister?
Jünglinge, Ihr irrt beide! Ein berühmter Name hat den einen befangen, den andern trotzig gemacht. Was steht doch im westöstlichen Divan?
Als wenn das auf Namen ruhte,
Was sich schweigend nur entfaltet[H 1] —
Lieb’ ich doch das schöne Gute,
Wie es sich aus Gott gestaltet. [H 2]
Was spricht denn die Hyacinthe? — sie sagt: mein Leben war so schön wie mein Ende, denn der schönste Gott hat mich geliebt und getödtet. Aus der Asche sproß aber die Blume, die dich trösten möchte.
Anmerkungen (H)
- ↑ [WS] Vorlage: gestaltet. [MK] „gestaltet“ war als Druckfehler der Zeitung auch in die Gesammelten Schriften übergegangen.
- ↑ [WS] Johann Wolfgang von Goethe West-oestlicher Divan (1819), Buch 5 Rendsch Nameh – Buch des Unmuths, Gedicht 6 Google
- ↑ [MK] Dorn war bekanntlich 1831/32 Schumanns Lehrer in der Theorie. [WS] Heinrich Ludwig Egmont Dorn (1804–1892), deutscher Komponist, Dirigent, Musikdirektor und Musikkritiker. Schumann studierte 1831–32 in Leipzig bei ihm – der einzige professionelle Kompositionsunterricht den er überhaupt hatte.
Robert Schumann: Gesammelte Schriften über Musik und Musiker. Georg Wigand’s Verlag, Leipzig 1854, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gesammelte_Schriften_%C3%BCber_Musik_und_Musiker_Bd.1_(1854).pdf/41&oldid=- (Version vom 31.7.2018)