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Poetik und Rhetorik an; viele von ihnen zeichnen sich durch ihren Holzschnittschmuck aus. Die Gesamtzahl seiner Drucke – darunter allerdings auch viele einblättrige Verordnungen, Patente, Erlasse – betrug nach Denis 253, eine Zahl, welche der neueste Forscher, Anton Mayer, noch um 160 vermehrt hat. Singriners Erben, welche bis 1561 weiter arbeiteten, fügten ihnen noch 92 hinzu; aber auch hier liefert das dem Vater 1540 erteilte Privilegium, alle landesherrlichen Verordnungen für Niederösterreich zu drucken, die bedeutendere Zahl.

Von dem Bayer Johann Carbo (Hans Khol), 1548 bis 1552, ist wenig bekannt, mehr dagegen von Egidius Aquila (Adler) aus den Niederlanden, welcher auch von 1548 bis 1552 in Wien thätig war. Von seinen tüchtigen Arbeiten sind besonders Plancks „Institutiones Grammatices Ebreae“ hervorzuheben. Aquila’s Witwe heiratete Michael Zimmermann (aus Augsburg?), einen der bedeutendsten Drucker seiner Zeit, welcher in den Jahren 1553 bis 1565 wirkte, die Offizin auch für den Druck orientalischer Werke einrichtete und z. B. 1561 eine syrische Bibel herausgab. Sein Zeitgenosse Rafael Skrzeluski, der seines protestantischen Bekenntnisses halber aus Polen geflohen war, in Wien den Namen Hofhalter annahm und sich hier für einen Katholiken ausgab, druckte von 1556 bis 1563. Er beschäftigte für seine illustrirten Werke Künstler ersten Ranges, wie Lautensack, Hübschmann und Hirschvogel, ging später aber nach Debreczin, wo er mit seltener Pracht die erste ungarische Übersetzung der Bibel druckte; er starb 1568. Um ziemlich dieselbe Zeit suchten sich die Jesuiten der Druckerpresse zu bemächtigen und die weltlichen Drucker durch eine geistliche Offizin unschädlich zu machen. Der Kaiser selbst gab zu dem Zwecke eine jährliche Unterstützung von 300 Gulden her und auch der Adel beteiligte sich selbstredend an den Unterschriften für das von einem Spanier geleitete Unternehmen. Die Offizin, deren ersten Verlagsartikel Peter Canisius’ kleiner Katechismus bildete, dauerte jedoch nur so lange, als die milden Gaben reichten (1559 bis 1565).

Die Mitte des Jahrhunderts trug bereits die ausgeprägte Signatur des Jesuitenstaates. Eigentlich geblüht hat die Buchdruckerkunst mit den ihr verwandten Zweigen nur unter Maximilian. Mit dem Augenblick, daß König Ferdinand 1523 die Verbreitung der Lutherschen Schriften verbot, wurde der Rückgang des geistigen Lebens in ganz Österreich

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/099&oldid=- (Version vom 1.8.2018)