Schriften „in der goldenen Sonne“ als in der Sorbonne. Man übertrug eben unwillkürlich, da man noch gar keine Ahnung von dem universellen Charakter der Kunst hatte, die eng beschränkte Aufgabe der Handschrift auf die gedruckten Bücher, und lebte in den Anschauungen des Mittelalters unbefangen weiter. Von deutschen Städten waren es namentlich Straßburg und Basel, welche die ersten großen Schriftgießereien einrichteten und deren Erzeugnisse bald nach Norden und Süden hin verkauften. Von tüchtigen Künstlern unterstützt, waren sie schon im Anfang des 16. Jahrhunderts im Stande, nicht allein eine reiche Auswahl geschmackvoller deutscher Typen, sondern auch in Nachahmung der neuesten venezianischen Erfindungen Antiqua und Aldinische Kursiv zu liefern. Augsburg und Nürnberg folgten dem Beispiel jener Städte bald nach und trugen das Ihrige dazu bei, den Buchdruck und Buchhandel unabhängig von der Selbstherstellung der Schriften zu machen.
Fortan also ist es einzig und allein der Buchdruck, welcher die Voraussetzung des Buchhandels bildete. Beide sind sogar so eng verbunden, daß sie vielfach miteinander verwechselt werden; namentlich aber hat sich bis in die neuere Zeit hinein der Begriff des Buchdruckers noch nicht prinzipiell von dem des Verlegers geschieden.
Die Buchdruckereien nun bezogen ihre Arbeitskräfte – Setzer und Drucker – aus allen möglichen Klassen und Gewerben, namentlich aber aus den Kreisen der Schreiber und der ihnen verwandten Berufsgattungen, wie Formschneidern, Briefmalern, Illuminatoren und Miniaturmalern. Der Zahl nach natürlich viel geringer und der Zeit nach später schließen sich ihnen verdorbene Studenten und überhaupt junge Männer der gebildeten Stände an, die ihren Beruf verfehlt oder im Leben schon Schiffbruch gelitten haben. Seitdem nun gar das Drucken eine einträgliche Industrie geworden, suchten Leute aller Stände darin ihren Broterwerb. Damalige Schriftsteller, wenn sie sich über die schlechten Sitten der Studenten beklagen, erzählen, daß viele derselben, unfähig einen Grad zu erlangen, sich zuletzt als Druckergehilfen verdingten. Sie verstanden gerade genug Latein, um als Setzer lateinischer Bücher zu dienen. Sebastian Brant, der während seines Aufenthalts zu Basel, wo er bei Amerbach und andern Korrekturen besorgt hatte, mehr als einen solcher ehemaligen Studenten gesehen haben mag, beschreibt sie als ebenso liederlich, wie auf den Universitäten. An einem
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/006&oldid=- (Version vom 1.8.2018)