Tage, sagt er, verprassen sie einen ganzen Wochenlohn.[1] „Wenn die Studenten wider heim kumen, so kunnen sie nüt (nichts) und werden buchtrucker darusz“, sagt Geiler in seinen Predigten über das Narrenschiff.[2] Daraus erklärt sich vielleicht das Hinübernehmen eines Stücks des studentischen Pennalismus, des Depositionswesens, in die Zunftgebräuche der neuen Kunst.
Die Schönschreiber verhielten sich anfangs derselben gegenüber feindlich, weil sie sich von ihr in ihrem Erwerbe bedroht sahen. Ihre Gegnerschaft hielt aber nicht lange an, teils weil sie um des lieben Broterwerbs willen alles aufbieten mußten, nicht nur Schriften formen und gießen, sondern auch Bücher setzen und drucken zu lernen, teils weil sie sich bald überzeugten, daß auch für sie bei der täglich wachsenden Ausdehnung der Kunst noch genug zu thun und zu verdienen übrigblieb. Die gescheitern Köpfe und tüchtigern Kräfte unter den Schreibern würdigten also sehr bald deren Tragweite und übertrugen in richtiger Erkenntnis der Folgen, welche der Buchdruck für sie haben mußte, ihre Erfahrung, Kenntnisse und Einsicht auf das immer mehr aufblühende Geschäft. Wenn bei der frühern handschriftlichen Herstellung ein paar, oder höchstens einige Dutzend Bücher mit Initialen zu schmücken oder zu rubrizieren gewesen waren, verlangten jetzt Hunderte und Tausende von Werken eine derartige künstlerische Zuthat. Die ehemaligen weltlichen Schreiber, welche mit den geistlichen Schreibern und teilweise auch mit den Stationarien der Universitäten konkurrieren mußten, hatten jetzt so viel Arbeit als sie wollten und verdienten mit einiger Geschicklichkeit als Setzer und Drucker ebenso viel, wenn nicht mehr. Der Verdienst der Zeichner und Maler, Illuminierer und Rubrikatoren vermehrte sich auch, statt daß er sank. In dieser Thatsache lag das einigende und versöhnende Moment für die alte und neue Richtung, die allmähliche Annäherung und Verschmelzung ihrer Interessen. Dieser Versöhnungsprozeß vollzog sich schon in den ersten Jahrzehnten nach Erfindung der neuen Kunst. Es ist also kein Zufall, daß gerade in den Städten, in welchen während des Mittelalters Schönschreiberei, Miniaturmalerei und Handschriftenhandel in Blüte gestanden hatten, schon in den sechziger und siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts die ersten und bedeutendsten Druckereien entstanden, welche sich zugleich durch besonders geschmackvolle Ausstattung ihrer Verlagswerke und teilweise reichen Bilderschmuck derselben auszeichneten. Straßburg, Basel, Augsburg,
Fußnoten
- ↑ Schmidt, C., a. a. O. S. 79 u. 80.
- ↑ Zarncke, F., Die deutschen Universitäten im Mittelalter. Leipzig 1857. S. 60.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/007&oldid=- (Version vom 1.8.2018)