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gestorben 1515 in Venedig hatte Aldo Manuzio Lateinisch in Rom und Griechisch in Ferrara studiert, dann mehrere Jahre in den gelehrten Kreisen des Johann Pico von Mirandola, sowie des Fürsten Albert Pius von Carpi verkehrt und der Erziehung von dessen Söhnen gelebt, 1490 aber in Venedig eine Druckerei und Verlagshandlung errichtet, durch welche er die Werke der Alten, jene Monumente des menschlichen Geistes, welche mehr und mehr von den Abschreibern verunstaltet wurden und allmählich ganz zu verschwinden drohten, vom Untergang zu retten beabsichtigte. „Ich habe“, sagte er schon zu jener Zeit von sich, „das Gelübde gethan, mein Leben dem öffentlichen Wohle zu weihen. Einem ruhigen Dasein habe ich ein arbeitsames und bewegtes vorgezogen. Der Mensch ist nicht dazu geboren, sich den einer edeln Seele unwürdigen Genüssen hinzugeben, sondern sich ehrenvollen Arbeiten zu widmen. Überlassen wir der gemeinen Heerde die niedrige Existenz! Cato hat das menschliche Dasein mit dem Eisen verglichen: es glänzt, sagt er, wenn man stets thätig ist; allein es rostet, wenn man es nicht gebraucht.“ Wie schon dieser Wahlspruch zeigt, hat es kaum je einen so gelehrten, ideale Ziele sicher verfolgenden, aber auch selten einen ebenso praktischen, selbst den kleinsten Vorteil nicht verschmähenden, geschäftlich tüchtigen Verleger als Aldus gegeben.

Die berühmte Handelsmetropole am Adriatischen Meere war ganz der Platz, wo Aldus gedeihen mußte; wenigstens konnten ihm die äußern Verhältnisse nicht günstiger sein. Auf den Schultern von Vorgängern, wie den Gebrüdern Johann und Wendelin von Speyer und Nikolaus Jenson, stehend, überflügelte der gelehrte und praktische Drucker bald alle seine Vorgänger und wurde der Hauptträger von Venedigs Ruhm als Druckerstadt. Venedig bot alle für ein großes Geschäft erforderlichen Hilfsmittel, und selbst wenn diese vielleicht einmal zufällig nicht vorhanden gewesen wären, so hätten sie jederzeit sehr leicht beschafft werden können. Dabei waren seine Verbindungen mit dem Auslande die bestgeregelten in ganz Italien. Bei dem steten Zuströmen von zahlreichen Fremden aus allen Gegenden der Windrose eignete sich die Stadt auch vortrefflich zum Sortimentshandel, und selbst der spätere große Verleger verschmähte es nicht, einen öffentlichen Buchladen (bibliopolium) zu halten, in welchem er auch den Verlag ihm wahlverwandter Firmen verkaufte, wie z. B. den von Zacharias Caliergi, Nikolaus Blastos, Johannes

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_06.djvu/012&oldid=- (Version vom 1.8.2018)