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(zum Teil auch moderner) stellte er in Oktav her und gewann dadurch für sie in ganz Europa einen dankbaren Leser- und Käuferkreis, machte so die alten Klassiker erst zum Gemeingut aller Gebildeten. Der Preis des Bandes betrug auch nur 3 Marcelli, oder, wie Renouard und Didot berechnen, 2,04 Franken oder 1,63 Mark.[1] Abgesehen von neuen Abdrücken folgten dem Virgil und andern im Jahre 1502 Werke von Cicero, Lucian, Horaz, Sophokles, Ovid, Catull, Tibull und Properz, 1504 Homer, Plinius und Sallust, 1507 Euripides, 1509 Cicero’s Briefe, Valerius Maximus und Martial und 1513 Cäsar und Pindar.

Wenn sich nun auch Aldus durch diesen Zweig seiner buchhändlerischen Thätigkeit um die ganze gebildete Welt verdient gemacht hat, so äußerte sich doch sein mächtiger Einfluß insbesondere auf Deutschland günstig und nachhaltig, günstiger und nachhaltiger als auf irgend ein anderes Land. Während in Italien die Vornehmen und Reichen an der Spitze der neuen Bewegung standen und sogar aus aristokratischem Übermute noch ziemlich lange, wie im ersten Kapitel schon erwähnt, die reich ausgestattete Handschrift dem schönsten Druck vorzogen, gingen die deutschen Humanisten in ihrer Mehrzahl aus den ärmern Schichten der Bevölkerung hervor. Ein gedrucktes Buch war für sie noch bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts hinein ein seltener und schwer erschwingbarer Schatz; sie mußten sich ihr litterarisches Handwerkszeug zum Teil mühsam abschreiben. Luther wurde, als er in Erfurt noch Rechtswissenschaft studierte, ob seines juristischen Eifers ganz besonders belobt, weil er sich (etwa 1506) eine Ausgabe des „Corpus juris“ gekauft hatte. Thomas Plater erzählt in seiner Selbstbiographie (Ausgabe von H. Boos, S. 23) aus dem Jahre 1515: „In der schull zu St. Elisabeth zu Breslau lasen alwägen einsmals zu einer stund in einer stuben 9 baccalaurei. war doch graeca lingua noch nimmet (nirgendswo) im Land, desgleichen hett niemand noch kein truckte Bücher, alein der praecepter hat ein truckten Terentium. was man liß, mußt man erstlich dictieren, dan distingwieren, dan construieren, zuletzt erst exponieren, das die bachanten grosse scarteken mit inen heim hatten zu tragen, wen sy hinwegzugen.“ (Hier handelt es sich allerdings um arme fahrende Schüler.) Joachim Camerarius hatte, ehe er 1518 nach Erfurt kam, bei einem in Leipzig entstandenen Aufstand zuerst seinen Herodot in Sicherheit gebracht[2]; das übrige machte ihm wenig Sorge. Als Melanchthon


Fußnoten

  1. Didot, F., Alde Manuce. S. 220.
  2. Kampschulte a. a. O. I, 236.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 374. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_06.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.8.2018)